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St. Johannis Lüneburg Die Orgeln Geschichte Bedeutung Organisten Disposition FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 1


Posaune spielender Engel auf dem Rückpositiv (1553) FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 2


2', dazu eine groß besetzte Mixtur sowie ein Scharf. Das Rückpositiv als klangliches Pendant zum Hauptwerk hatte ebenfalls Prinzipale 8' und 4', Mixtur und Scharf, dazu jedoch noch Register aus der Flötenfamilie sowie vier verschiedene Zungenstimmen auf einer gesonderten Windlade. Das Oberwerk auf dem dritten Manual war sozusagen die Flöten- und Zungenlade des Hauptwerks: Neben einem Prinzipal im Prospekt standen dort verschiedene sehr weit mensurierte Flöten, dazu eine Zimbel und eine Trompete. Die im 16. Jahrhundert neu erfundenen Flöten- und Zungenregister der Orgel dienten der Nachahmung damaliger Orchesterinstrumente und tragen daher auch Namen von typischen Ensemble-Instrumenten der Renaissance: Krummhorn, Dulzian, Baarpip, Blockflöte, Gemshorn usw. Das Pedal war fest an das Hauptwerk gekoppelt. Damit der Bass aber eine Oktave tiefer klingen konnte als die Oberstimmen, besaß das Hauptwerk noch eine zusätzliche 1 Die große Renaissance-/Barockorgel FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 1


Bass-Oktave (Kontraoktave). Diese spezifische Konstruktion der Brabanter Orgelbauschule behielt die Johannisorgel fast hundert Jahre hindurch. 1652 überholte und erweiterte Friedrich Stellwagen aus Lübeck die Orgel, nachdem sich der damalige Organist Franciscus Schaumkell in mehreren Eingaben über ihren Zustand beklagt hatte. Er beseitigte die Kontraoktave und stimmte die Orgel auf den „Chorton“, also um etwa einen Ganzton höher als bei Niehoff. Die dabei abgeschnittenen Pfeifen sind auch heute noch im Prospekt zu sehen. Georg Böhm und Matthias Dropa Die wichtigste Erweiterung des Instruments initiierte Georg Böhm, der bekannteste unter den insgesamt 20 Organisten, die an St. Johannis seit 1553 Dienst getan haben. Zum einen häuften sich während seiner Amtszeit 1698-1733 die Mängel der Orgel, zum anderen hatte sich die Orgelkultur in Norddeutschland mit dem Entstehen von großen Pedalwerken und Orgelliteratur mit unabhängigen, solistisch geführten Pedalpartien derart weiter entwickelt, dass Böhm zusätzlich zu den Reparaturen auf eine gründliche Modernisierung drängte. Mehrere Orgelbauer machten Angebote zur zeitgemäßen Vergrößerung der Orgel, unter ihnen auch Arp Schnitger. Aus den Akten lässt sich leider nicht mehr rekonstruieren, warum nicht er, sondern einer seiner Schüler, der in Lüneburg ansässige Matthias Dropa den Auftrag bekam. Dessen Konzept machte aus der 2 Blick in das Rückpositiv FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 2


Renaissanceorgel ein Instrument des norddeutschen Barock: Drei nahezu gleichwertige Manualwerke, dazu ein großes selbstständiges Pedal, der Verzicht auf Pedalkoppeln, dagegen untereinander koppelbare Manuale. Allerdings – und darauf legten Böhm und die Juraten von St. Johannis großen Wert – sollte er „die helle und scharfe Intonation“ der Orgel nicht nur beibehalten, sondern er sollte auch die neu zu bauenden Register diesem Klangideal anpassen. Der Vertrag sah eine Erweiterung auf 46 Register vor. Die dafür vereinbarten 2.000 Reichstaler bezahlte der Senator Joachim Panning aus eigener Tasche; heute wäre das etwa 250.000 Euro! Den für die Pedalregister benötigten Platz schaffte Dropa durch zwei seitlich an das Hauptgehäuse angefügte Türme. Platz dafür war vorhanden, nachdem schon im 17. Jahrhundert die Flügeltüren entfernt worden waren. In diesem Zustand blieb die Orgel für mehr als hundert Jahre. Kleinere Ergänzungen, wie die Hinzufügung eines dreioktavigen Glockenspiels oder eine Viola da gamba, veränderten den Charakter des Werks nicht nachhaltig. Dropas Arbeit war aber wohl nicht sonderlich dauerhaft: Schon 1735 musste die Orgel schon wieder gründlich repariert werden. 1809 ist eine weitere größere Reparatur belegt, und als 1842 der Organist Louis Anger seinen Dienst begann, war ihr Zustand offenbar wieder beklagenswert. Zehn Jahre dauerte es, bis Angers wiederholte Eingaben und Beschwerden endlich Erfolg hatten: Der Hoforgelbauer Eduard Meyer aus Hannover bekam den Auftrag, die Orgel zu überholen und sie dem romantischen Zeitgeschmack anzupassen. Er entfernte die Pedalmixturen („die Schreystimmen des Pedals“), setzte die Manualmixturen um, entfernte hochklingende Register und ersetzte sie durch Streicher und Flöten, erweiterte den Tonumfang und baute dafür neue Laden und Klaviaturen. Die Windversorgung allerdings bekam er nicht in den Griff. Jahrelange Klagen des Organisten und auch das Einbehalten eines Teils des Honorars schafften keine Abhilfe, und endlich empfahl Meyer, den Lüneburger Orgelbauer Ernst Röver mit dieser Aufgabe zu betrauen. 20. Jahrhundert Die nächste tiefgreifende Änderung im Charakter des Instruments bewirkte der Organist Carl Hoffmann. Seine musikalische Welt waren die großen Orgelwerke der deutschen romantischen Symphonik eines Max Reger oder Sigfrid Karg-Elert. Er drängte hartnäckig darauf, die Orgel 3 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 3


mit allen damals modernen Spielhilfen und einer pneumatischen Spiel- und Registertraktur auszustatten, dazu mit einem Fernwerk in der sogenannten Barbarakapelle und einem Schwellkasten um das Oberwerk. 1922 und 1926 führte Walcker diese Arbeiten aus, allerdings war es nicht nur, wie in den Orgelakten dokumentiert, eine rein technische Veränderung der Orgel, auch an Disposition und Pfeifenmaterial führte Walcker Veränderungen aus, wie die 2008 durchgeführte Untersuchung der Orgel ergab. Immerhin aber benutzte Walcker die Meyer'schen Windladen weiter. Der damalige Orgelsachverständige bescheinigte der Orgel Denkmalwert ausschließlich für Gehäuse und Prospekt, die Pfeifen hielt er im Wesentlichen für Hinzufügung und Veränderungen späterer Zeiten und daher nicht für schützenswert. Infolgedessen wurden während des zweiten Weltkrieges denn auch nur Prospekt und Gehäuse zur Sicherheit ausgelagert bzw. eingemauert, und erst auf Intervention des Orgelbauers Kemper, der die Demontage fachlich begleitete, wurden auch einige weitere Pfeifenreihen, die Kemper als der Renaissance zugehörig erkannt hatte, ebenfalls gesichert. 4 Der Spieltisch von Walcker (1922) FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 4


Rudolf von Beckerath Die Einflüsse der Orgelbewegung führten schließlich Anfang der fünfziger Jahre zu einer Umorientierung in der Betrachtung der St. Johannisorgel: Man erkannte, dass die Umbauten Walckers und auch Meyers der Orgel ihren Charakter genommen hatten, und versuchte zu retten, was zu retten war. Rudolf von Beckerath gehörte damals zu den renommiertesten und profiliertesten Orgelbauer sowohl im Neubau als auch bei der Restaurierung historischer Instrumente, und er gab der Orgel ihre auch heute noch existierende Fassung: Er ging in der Disposition (im Wesentlichen) auf Dropa zurück und stellte mit einer neuen mechanischen Spiel- und Registertraktur den ursprünglichen Zustand wieder her, allerdings unter Beibehaltung des durch Meyer erweiterten Tonumfanges, Ergänzung von Pedalkoppeln und Hinzufügung einiger Register, die die Disposition nun auf 51 Register erweiterte. Auch wenn man in den seitdem vergangenen fünfzig Jahren im Bereich der Restaurierung Wesentliches dazu gelernt hat, war Beckeraths Arbeit doch für die Nachkriegsjahre von ganz außergewöhnlicher Qualität und beschritt den richtigen Weg: Beckerath hatte den besonderen Wert der Orgel erkannt, der in der für Europa einmaligen Synthese aus niederländischer Renaissanceorgel und dem Typus der norddeutschen Barockorgel besteht. 5 vergoldete Grotesken auf den Pfeifen des Rückpositivs FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 5


Bedeutung Der heute sichtbare Prospekt erweist sich bei genauerem Hinsehen als eine außerordentlich kunstvolle Verbindung der Renaissancefassade von 1553 mit der barocken Erweiterung durch Matthias Dropa 1712-1715. Um die ursprüngliche Konzeption des Prospektes zu entschlüsseln, müssen wir uns jedoch den Renaissanceprospekt vor Augen führen. Die doppelstöckige Prieche, die heute sogenannte Fürstenloge, existierte noch nicht, die Orgel besaß nur eine kleine Empore, deren Brüstung übrigens noch heute als Rückseite der Prieche, von der Turmhalle aus sichtbar, erhalten ist. Wichtigster Unterschied aber war das Fehlen der Pedaltürme rechts und links des Hauptgehäuses. An ihrer Stelle besaß die Orgel große Flügeltüren, die von beiden Seiten Malereien von Maarten van Heemskerck trugen. Auch das Rückpositiv (die kleine Orgel in der Brüstung) besaß solche Flügeltüren, die laut Arnolt Schlick („Spiegel der Orgelmacher und Organisten“ 1511) dazu dienten, Vögel und Fledermäuse sowie anderes Getier vom Eindringen in die Orgel abzuhalten. Das Rückpositiv selbst war schmaler als heute: Die äußeren Pfeifenfelder stellten damals die Seitenwände des Gehäuses dar, waren also gegenüber heute um knapp 90 Grad gedreht. Dies ist eine wichtige Beobachtung im Zusammenhang mit den Gehäuseproportionen. Die heute zu sehende Farbigkeit des Gehäuses entspricht nicht dem Original. Insgesamt war die Orgel holzsichtig, wobei das Holz jedoch mit einer lasierenden braunen Ölfarbe überzogen war, die zwar die Struktur des Eichenholzes durchscheinen ließ, dennoch aber unterschiedliche Holzfarbtöne vereinheitlichte. Die Engel waren komplett vergoldet, auch das Schleierwerk (Schnitzwerk, das die freien Räume oberhalb der Pfeifen ausfüllt) war vergoldet. Die Pflanzenornamente auf den senkrechten Stäben trugen ebenfalls Blattgold und standen auf dunkelblauem Grund. Die horizontalen Groteskenfriese waren auf schwarzem Grund mit Rot, Grün und Gold konturiert. Die Prospektpfeifen glänzten metallisch, ihre heutige grau-schwarze Farbe ist eine Folge der Oxydation des Zinns. Ungewöhnlich ist die Bekrönung des Hauptgehäuses: Sie ist noch einmal so hoch wie der für die Pfeifen benötigte Korpus des Gehäuses. Die drei sechseckigen, dreistöckigen Türme werden von Kunsthistorikern als „Tabernakelaufsätze“ bezeichnet, sie tragen in der Mitte das flammen6 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 6


besetzte Dreieck mit dem auf hebräisch eingeschriebenen Gottesnamen „Jahwe“, von alters her das Gottessymbol. Die beiden seitlichen, etwas niedrigeren Türme tragen Sonne und Mond, Zeichen des Firmaments, aber auch Symbole für Christus und Maria. Natürlich kann man das Orgelgehäuse als eine rein kunsthandwerkliche Meisterleistung ansehen, die ein musikalisch-technisches Kunstwerk kunstvoll und prachtvoll umschließt. Gleichzeitig wäre es allerdings verwunderlich, wenn das monumentalste Ausstattungsstück der damals noch sehr viel prächtiger als heute ausgeschmückten Kirche direkt gegenüber dem Hauptaltar ausschließlich „Möbel“ wäre, während doch für andere Kunstwerke in Kirchen, die bildliche Darstellungen beinhalteten, ausschließlich religiöse Themen zugelassen waren. Daher liegt es nahe, nach der theologischen Idee des Orgelprospektes zu fragen. Schon in der Antike war man der Überzeugung, dass Gott die Welt nach Maß und Zahl geschaffen hat. Dies Denken wurde für das Weltbild der Pythagoräer konstitutiv und war auch in Mittelalter und Renaissance noch prägend. Das Wunder der Schöpfung ließ sich demnach in einfachen Grundzahlen und ihren Verhältnissen zueinander beschreiben. Schon früh entdeckten die Mathematiker, dass die Musik in ihrer Intervallstruktur ebenfalls auf den Verhältnissen der ersten Grundzahlen zueinander beruht. So ist das Frequenzverhältnis der beiden Töne der Oktave 1:2, der Quinte 2:3, der Quarte 3:4 und der Terz 4:5, und eben diese Intervalle sind auch die mit jedem Ton mitklin7 Serpentbläser (?) im Hauptwerk (1553) FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 7


genden Ober- oder Teiltöne – und sie bilden den für unser Tonsystem existentiellen Dreiklang. So überrascht es nicht, dass der Brabanter Musiktheoretiker Johannes Tinctoris (ca. 1435-1511) die Musik als die vornehmste, perfekteste Schöpfung Gottes bezeichnet, an der er den größten Gefallen habe. Fast eine logische Folge dieses Denkens ist, dass auch das Orgelgehäuse seine Proportionen aus diesen Zahlenverhältnissen bezieht: Breite und Höhe des Hauptgehäuses sind genau gleich, stehen also im Verhältnis 1:1. Das entspricht musikalisch dem vollkommensten Intervall, dem Einklang – und gilt gleichzeitig als das Abbild Gottes selbst. Nimmt man noch den Gehäuseschmuck, also die Bekrönung und die geöffneten Flügeltüren dazu, ergibt sich wieder das gleiche Verhältnis. Bei geschlossenen Türen, der „normalen“ Wochenansicht, verhalten sich Breite zu Höhe wie 1:2, musikalisch die Oktave oder auch das Verhältnis eines Tons zu seinem 2. Teilton. Die gleichen Maßverhältnisse besaß das Rückpositiv, allerdings im Verhältnis zum Hauptgehäuse von 1:3. Dies entspricht musikalisch dem Verhältnis von Grundton zu seinem 3. Teilton, der um die Oktave erweiterten Quinte. Oktave und Quinte waren für den mittelalterlichen Musiker konsonante, also wohlklingende Intervalle. Dass sie das architektonische Grundgerüst für eine repräsentative Orgel darstellen, betont ausdrükklich die Einheit dieses monumentalen Instruments mit der perfekten göttlichen Schöpfung. Sowohl im Buch Jesaja im Alten als auch in der Offenbarung des Johannes im Neuen Testament sind Visionen des Himmels überliefert, in denen die Engel Gott durch Musik preisen. Die Verbindung zwischen dem Lobpreis der Orgel und Gott als dem Adressaten ihrer Musik stellt das Gottessymbol an höchster, prominentester Stelle der Orgel, sozusagen im Himmel dar. Sonne und Mond symbolisieren den Himmel als den Wohnort Gottes, gleichzeitig stehen sie etwas tiefer als das Gottessymbol, um Gottes Herrschaft auch über das Firmament zu symbolisieren. Die Tabernakelaufsätze machen deutlich, dass der Sitz Gottes das Allerheiligste darstellt. Zugleich ist das Wort Tabernakel in der christlichen Verwendung ein vorwegnehmender Bezug auf das „himmlische Jerusalem“, das als „Wohnung Gottes bei den Menschen“ (tabernaculum Dei cum hominibus) bezeichnet wird (Offb. 21,3). 8 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 8


Die Form der Tabernakelaufsätze ist nicht zufällig sechseckig und dreistöckig: Die Zahl sechs erinnert an die sechsflügeligen Engel des Jesaja, die drei an die auch im Dreieck des Gottessymbols erscheinende Trinität von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Dass es drei dreistöckige Tabernakel sind, die zu allem Überfluss auch dreieckige Giebel tragen, verstärkt und unterstreicht diese Anspielung. Dennoch: Die drei Engel auf dem Rückpositiv habe keine sechs, sondern nur zwei Flügel und menschliche Gestalt. Das Bild der Engel in der christlichen Ikonographie hat sich im Verlauf des Mittelalters von körperlosen geflügelten Wesen immer weiter zu einer anthropomorphen, menschlichen Gestalt entwickelt. Die Engel kommen den Menschen näher, und hier in St. Johannis sind es sogar ausgesprochen elegante Figuren, die menschliche Instrumente spielen, eben die Instrumente, welche in der Renaissance zu den typischen Begleitinstrumenten der Kirchenmusik werden: Zink und Posaune. Diese Tatsache und die Nähe der Engel zu den Gottesdienst feiernden Christen will eine Verbindung schaffen zwischen dem himmlischen Lobpreis der Engel und dem, der im irdischen Lobpreis der Menschen im Gottesdienst erklingt. Leider wissen wir nicht mehr, welche Bilder Maarten van Heemskerck auf den Leinwänden der Flügeltüren gemalt hat. Man kann aber feststellen, dass der ganz überwiegen9 „Gaffkopf“ im Giebel (1553) FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 9


10 Engel auf dem Hauptwerk (1712) FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 10


11 de Teil der bemalten Orgelflügel bis ins 16. Jahrhundert hinein Darstellungen der Verkündigungsszene aufweist. Auf der linken Seite der Erzengel Gabriel, der Maria auf der rechten Seite ankündigt, dass sie die Mutter Jesu Christi sein wird. Die Ikonographie dieser Szene kennt weitere Ergänzungen: Oft ist in der Mitte über Gabriel und Maria Gottvater im Himmel abgebildet, von dem Strahlen göttlichen Lichts herabscheinen. Im Hintergrund sieht man häufig den Vorhang des Tempels, der sich im Augenblick der Verkündigung der Menschwerdung Gottes öffnet und den Blick in das Allerheiligste freigibt. Und zuweilen malen die Künstler im Hintergrund die Vertreibung aus dem Paradies, das durch die Geburt Christi wieder zugänglich wird. Was hat diese Darstellung nun an einem Orgelprospekt zu bedeuten? Gott, der symbolisch mehrfach im Orgelgehäuse erscheint, wird sinnlich erfahrbar, hörbar, spürbar in seiner perfektesten Schöpfung, der Musik. In dieser Erfahrung öffnet sich ein Blick in das Paradies, in den Himmel, das Allerheiligste steht offen für jeden, der diesen Lobpreis hört und an ihm teilnimmt. Und es sind auch hier wie in der Weihnachtsgeschichte die Engel, die den Menschen die Fleischwerdung Gottes in Jesus Christus verkünden und dieses Evangelium (die frohe Botschaft) mit dem Lobpreis Gottes beschließen: „Ehre sei Gott in der Höhe“ – Gloria in excelsis Deo. FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 11


2’ Mixtur Scharp OW III CDEFGA-g’’a’’ Praestant 8’ Holpipe 8’ Fluite 4’ Nasate 3’ Gemßhorn 2’ Sifflet 1’ Zimbel Trommete 8’ RP I CDEFGA-g’’a’’ Praestant 8’ Quintadehna 8’ Octava 4’ Klein Holpipe 4’ Sifflöit 1 1/3’ Mixtur Scharp Rußpipe 8’ Regal 8’ Baarpipe 8’ Schallmey 4’ Pedal CDEFGA-c’ angehängt an HW Nachthorn 2’ Trompete 8’ Springladen Tremulant FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 12


(Die Jahreszahlen beziehen sich auf den überwiegenden Anteil der Pfeifen eines Registers.) 13 Disposition seit 1953 HW II C-g’’’ Prinzipal 16' (1553) Quintadena 16' (1712) Oktave 8' (1553) Gedackt 8' (1852) Oktave 4' (1553) Nachthorn 4' (1852) Quinte 2 2/3' (1953) Oktave 2' (1553) Bauernflöte 2' (1852) Mixtur 6-8f, 1 1/3' (1953) Scharff 4-5f, 2/3' (1953) Trompete 16' (1712) Trompete 8' (1553/1953) Trompete 4' (1977) OW III C-g’’’ Prinzipal 8' (1553) Rohrflöte 8' (1553) Oktave 4' (1712) Blockflöte 4' (1852) Nasat 2 2/3' (1553) Gemshorn 2' (1553) Terzian 2f (1953) Oktave 1' (1953) Mixtur 5-6f, 1' (1953) Zimbel 3f, 1/6' (1953) Trompete 8' (1953) Dulzian 8' (1712) RP I C-g’’’ Prinzipal 8' (1553) Gedackt 8' (1953) Quintadena 8' (1553) Oktave 4' (1553) Rohrflöte 4' (1953) Sesquialtera 2f (1953) Waldflöte 2' (1553) Sifflöte 1 1/3' (1953) Scharff 5-7f, 1' (1953) Dulzian 16' (1712) Bärpfeife 8' (1953) Pedal C-f’ Prinzipal 16' (1712) Untersatz 16' (1584) Oktave 8' (1712) Gedackt 8' (1712) Oktave 4' (1712) Nachthorn 2' (1712) Bauernflöte 1' (1953) Rauschpfeife 2f (1953) Mixtur 6-8f, 2' (1953) Posaune 32' (1712) Posaune 16' (1712) Trompete 8' (1712) Trompete 4' (1712) Kornett 2' (1953) OW/HW, RP/HW OW/Ped, HW/Ped,RP/Ped Tremulanten OW, RP FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 13


14 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 14


15 Die symphonische Chororgel Die 2010 von der Werkstatt Kuhn in Männedorf/Schweiz gebaute Chororgel basiert auf der Idee, dass es musikalische Aufgaben gibt, welche von der weltberühmten historischen Renaissance-/Barockorgel auf der Westempore nicht erfüllt werden können. Das neue Instrument soll eindeutig auf die französisch geprägte symphonisch-romantische Klangwelt ausgerichtet sein und damit einen bisher unbekannten Ton in die Lüneburger Orgellandschaft bringen. Dieser Orgeltyp ergänzt die grosse Hauptorgel in idealer Weise und eignet sich besonders gut für die Mitwirkung bei Oratorien, als Begleitinstrument für die Chöre in Gottesdienst und Konzert sowie für die Interpretation der symphonischen Musik des 19. und 20. Jahrhunderts. Das Klangkonzept der neuen Orgel stützt sich nicht auf ein bestimmtes historisches Vorbild, sondern ist das Resultat sorgfältiger Überlegungen. Die Grundlage dieser Überlegungen ist die heutige Musizierpraxis und die vielfältigen Aufgaben im Gottesdienst und Konzert. Die neue Orgel ist deshalb nicht eine Stilkopie sondern ganz bewusst – auch im äusseren Erscheinungsbild klar erkennbar – eine moderne Orgel aus unserer Zeit. Der musikalische Kern der neuen Orgel hat seine klanglichen Wurzeln jedoch eindeutig in der französischen Tradition des 19. Jahrhunderts, welche sich in vielen Details von der deutschen Orgelgestaltung unterscheidet. Bei der Mensurierung und der Intonation machte die Werkstatt Kuhn ausgiebig Gebrauch von der großen Erfahrung, die sie bei der Restaurierung von historischen Originalinstrumenten von Cavaillé-Coll sowie beim Neubau mehrerer großer Instrumente in diesem Stil gemacht hat. Wie jede Orgel ist auch die Chororgel von St. Johannis eine Einzelanfertigung. Sie wurde so konzipiert, dass die äußere Prospektgestaltung von Architekt Carl-Peter von Mansberg (Lüneburg) und das innere Anlagekonzept, welches auf orgelbauerische Erfordernisse Rücksicht nehmen muss, optimal zusammenpassen. Die Orgel hat 27 Register (davon 3 Transmissionen und eine Verlängerung), verteilt auf Grand Orgue, Récit und Pédale. Von den insgesamt 1454 Pfeifen bestehen 1424 aus einer Zinn-Blei Legierung, 30 Pfeifen sind aus Holz gebaut. Die FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 15


Traktur (Verbindung zwischen Taste und Tonventil) ist mechanisch, die Registratur (das Ein- und Ausschalten der Register) ist elektrisch. Das Instrument wird von einem freistehenden Spieltisch aus gespielt. Im Unterbau des Orgelgehäuses befindet sich die Balganlage und Teile der Traktur. Darüber, auf der Höhe der Auskragung, sind die Windladen des I. Manuals und des Pedals untergebracht. Über dem Hauptwerk befindet sich der Schwellkasten des II. Manual (Récit). Eine Besonderheit dieser Orgel ist der vierseitige Prospekt. Das Instrument erscheint dem Betrachter als frei im Raum stehender Pfeifenkubus. Auf drei Seiten bestehen die Prospektpfeifen aus gegossenem Zinn, auf der Ostseite aus Eichenholz. Architektur Einem solchen Raum mit der berühmten – man möchte sagen, unvergleichlichen – Orgel, dem Altar und den sonstigen Kunstschätzen ein weiteres Instrument mit etwa 1.500 Pfeifen an signifikanter Stelle, nämlich auf dem Junkernlektor neben dem Altarbereich hinzuzufügen und zu integrieren, ist zunächst eine Aufgabe, die den Architekten eher zittern, denn jubeln lässt! Zumal wir als hier lebende Architekten und dieser Gemeinde und Kirche in langen Jahren verbunden um die Kontroversen wissen, die dieses Projekt von Anfang an begleitet haben! FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 16


Der Umfang des Instrumentes, also die Zahl der Register etc. lagen fest, als wir begannen. Und es gab aus gescheiterten Vorläufer-Projekten Annahmen, die weiterhin Gültigkeit haben sollten. So zum Beispiel, dass die neue Orgel losgelöst von Wänden oder Pfeilern sich erheben sollte! Aber, das „Wie“ musste noch einmal ganz neu erfunden werden. In einer Serie von Skizzen und einfachen Modellversuchen haben wir in Abstimmung mit der Firma Orgelbau Kuhn in der Schweiz, aber nicht zuletzt auch mit dem Landeskirchenamt sowie den Vertretern der Gemeinde in Schritten ein Konzept entwickelt, das schließlich von allen Beteiligten aufgenommen und gefördert werden konnte! In einem präzisen Ausführungsmodell im Maßstab 1:15 konnte Gewissheit erlangt und die Öffentlichkeit beteiligt werden. Wir waren uns im übrigen sehr schnell einig darin, dass jede Art von historisierender Anpassung an das herausragende gestalterische Umfeld mit seinen wunderbaren Details nur Peinlichkeiten und Störungen auslösen würde. Konkrete Materialproben und Muster im Raum zur Schau gestellt belegten zunehmend, dass wir Beziehungen nur durch einen Dialog der Gegensätze und durch Selbstständigkeit würden stiften können! Also erhielt das neue Instrument keine Einhausung. Die Versammlung seiner tönenden Teile, der silbernen und hölzernen Pfeifen bilden den Körper, die „Orgel an sich“ auf einem Unterbau, der mit Corten-Stahlplatten verkleidet die Luftmaschinerie und Mechanik verbirgt. Die Pfeifen „schweben“ auf einem verspiegelten, auskragenden Gesims, das Licht und Farben reflektiert. Alle Abmessungen der sichtbaren Teile entsprechen musikalischen Proportionen, dem goldenen Schnitt und daraus abgeleitet dem von Le Corbusier und Einstein entwickelten „Modulor“. Le Corbusier: „Der Modulor ist eine Tonleiter“. Carl-Peter v. Mansberg, Architekt BDA 17 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 17


18 Der Intonateur bei der Arbeit FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 18


19 Grand Orgue I (C-g''') Bourdon 16' Montre 8' Flûte ouverte 8' Flûte douce 8' Prestant 4' Quinte 2 2/3' Doublette 2' Fourniture 4fach Trompette 8' Récit expressif II (C-g''') Quintaton 16' Flûte harmonique 8' Viole de gambe 8' Voix céleste 8' Flûte octaviante 4' Nasard 2 2/3' Octavin 2' Tierce 1 3/5' Basson 16' Trompette harmonique 8' Hautbois 8' Voix humaine 8' Tremulant Pédale (C-f') Contrebasse 16' Soubasse 16' * Octave 8' * Flûte 8' * Bombarde 16' # Trompette 8' Koppeln: II-I, II-I sub I-P, II-P, II-P super Registerschweller Setzeranlage * = Transmission aus G.O. # = Verlängerung von Trompette 8' Konzeption: Dieter Rüfenacht und HansPeter Keller Intonation: Gunter Böhme FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 19


2’ principals, plus a well-equipped Mixtur and a Scharf. The Rückpositiv as counterpart in sound also had principals 8’ and 4’, Mixtur and Scharf, supplemented with stops belonging to the flute family and four different reeds on a separate wind chest. The Oberwerk on the third manual was so to speak the flute and reed chest for the Hauptwerk: Various very widely bored flutes as well as a cymbal and a trumpet stood in the case beside a principal. The flute and reed stops that were invented in the 16th century were meant to imitate orchestral instruments of the time and therefore they bear the names of typical ensemble instruments of the Renaissance: crumhorn, dulcian, Baarpijp, recorder, Gemshorn etc. The pedal was firmly coupled with the Hauptwerk. The Hauptwerk was equipped with a further bass octave (Kontraoktave) to let the bass sound an octave lower than the upper voices. St John’s retained this specific characteristic construction of the Brabant organ building school for almost a hundred years. In 1652 Friedrich Stellwagen from Lübeck over20 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 20


hauled and enlarged the organ after the organist at that time, Franciscus Schaumkell, had complained about the state of the instrument in several petitions. Stellwagen removed the Kontraoktave and tuned the organ to „choir pitch”, so almost a whole tone higher than Niehoff. The pipes that were cut off in this process can still be seen in the prospect to this day. Georg Böhm and Matthias Dropa The most important extension of the organ was initiated by Gorg Böhm, the best-known of the 20 organists who have served at St John’s since 1553. On the one hand the deficiencies of the organ accumulated during his time in office from 1698 to1733, on the other hand the organ cultural scene had developed so considerably – with the emergence of large pedal divisions and organ literature with independent solo pedal parts – that Böhm insisted on a thorough modernisation in addition to the necessary repairs. Several organ builders put in offers for a modern enlargement of the organ, among them Arp Schnitger. Unfortunately it is not possible to reconstruct from the records why not he but one of his pupils, Matthias Dropa who lived in Lüneburg, was awarded the contract. Dropa’s concept transformed the Dutch Renaissance organ into a North German Baroque instrument: three almost equal manuals, a large independent pedal, no couplers to the pedal but instead couplers between the manuals. However – and this was a prerequisite for Böhm and the church council at St John’s – not only was Dropa to maintain „the bright and sharp voicing” of the organ but he was to match the new stops to this sound ideal. The contract foresaw an extension to 46 stops: the agreed price of 2000 Reichstaler was paid out of senator Joachim Panning’s own pocket; today that would be about 250,000 Euro! Dropa made room for the pedal stops by adding towers on each side of the main case. There was room for these as the winged doors had been removed in the 17th century. The organ remained like this for over a hundred years. Smaller measures, like the addition of a three-octave glockenspiel or a viola da gamba, did not make any lasting alteration to the character of Dropa’s work. His workmanship however was apparently not particularly durable: as early as 1735 the organ had to undergo basic repairs again. In 1809 there are references to a further major repair, and when the organist Louis Anger took up his duties in 1842, the organ was evidently in a lamentable condition. Ten years passed before Anger’s repe21 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 21


ated petitions and complaints were successful: the Hanover court organ builder Eduard Meyer secured the contract to overhaul the organ and adapt it to the prevailing romantic taste. He took out the pedal mixtures („the yelling voices in the pedal”), converted/moved the manual Mixturen, removed high-sounding stops and replaced them with strings and flutes, extended the range of the keys and built new wind chests and keyboards for this purpose. However he did not manage to control the wind supply. Years of complaints by the organist and even the withholding of a part of the fee were of no avail and in the end Meyer recommended that the Lüneburg organ builder Ernst Röver be entrusted with this task. 20th Century The next far-reaching alteration to the instrument’s character was effected by the organist Carl Hoffmann. His musical world was the great organ repertoire of the German romantic symphony, Max Reger or Sigfrid Karg-Elert. He urgently insisted that the organ should be equipped with all modern playing assets and a pneumatic stop- and key-action mechanism, also with an antiphonal division in the so-called Barbara Chapel plus a swell box encompassing the Oberwerk. Oskar Walcker carried out these changes in 1922 and 1926 – except that the alterations that he carried out were not purely technical, as recorded in the organ files, but also affected the disposition and pipe material, as the examination of the organ in 2008 revealed. But at least Walcker continued to use Meyer’s wind chests. The organ expert at the time certified the case and prospect exclusively as being of monumental value – he regarded the pipes as being additions and alterations of later years and therefore not worth protecting. The consequence of this was that during World War 2 only the prospect and case were evacuated or walled–in for safety. Only the intervention by the organ builder Kemper, who professionally accompanied the dismantling process, secured some further rows of pipes which Kemper had recognised as being Renaissance. Rudolf von Beckerath At last in the early fifties the influence of the organ movement led to a new approach in the assessment of the organ at St John’s. People realised that the conversions carried out by Walcker and Meyer had distorted the organ’s character and now the attempt was made to rescue as much as possible. Rudolf von Beckerath was one of the leading and most distinguished organ builders at that time, both for new instruments and for the restoration of historical organs, and he gave the 22 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 22


organ the character it still has today. He essentially went back to the Dropa version for the disposition and restored the original condition with a new mechanical key- and stop-action mechanism. While doing this, however, he maintained Meyer’s increased range of keys, adding pedal couplers and some stops bringing the total disposition to 51 stops. Even though fundamental knowledge on restoration work has been gained in the past 50 years, Beckerath’s work was of outstanding quality for the post-war years and set the right course. Beckerath had recognised the special value of this organ that lies in the synthesis between a Dutch Renaissance and a North German Baroque organ, which is unique in Europe. Significance On closer inspection the prospect as it is today proves to be an extraordinarily artistic combination between the 1553 Renaissance façade and the Baroque extension by Matthias Dropa from 1712-1715. To decipher the prospect’s original concept, however, we have to take a look at the Renaissance prospect. The two-storey prieche, today the so-called „Duke's Lodge” was not in place yet, the organ only had a small gallery, the balustrade of which by the way has been preserved to the present day as the backing board of the prieche, visible from the church entrance below the bell-tower. The most important difference however was that there were no pedal towers to the right and left of the main case. In their place the organ had winged doors which displayed paintings by Maarten van Heemskerck on both sides. The Rückpositiv (the smaller organ on the balustrade) also had such doors which, according to Arnold Schlick „Spiegel der Orgelmacher und Organisten“ („Organ builders’ and Organists’ Survey“) from 1511, served the purpose of preventing birds, bats and other creatures from finding their way into the instrument. The Rückpositiv itself was slimmer than it is now: the pipes that were on the outside formed the sides of the case, i.e. they stood at an angle of almost 90° to their position today. This is a significant observation in connection with the case’s proportions. The colourful aspect the case presents today is not original. On the whole the wood structure remained visible, though the wood was coated with a brown oil paint that permitted the oaken wood structure to show through while unifying the 23 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 23


various wood colour shades. The angels were gold-plated, the Schleierwerk (veil-like carvings filling the spaces above the pipes) was also gilded. The floral ornaments on the vertical columns were gold-leafed on a dark blue background. The horizontal grotesque friezes had a black background with red, green and gold contours. The prospect pipes were of shining metal, the grey-black colour they present today is the result of pewter oxidation. The finial of the main case is unusual: it is twice the height of the case corpus required for the pipes. The three six-cornered, three-storey towers, termed Tabernakelaufsätze (tabernacle top pieces) by art historians, have as their centrepiece the flaming triangle inscribed with the Hebrew name for God – JAHWE, the age-old symbol for God. The somewhat lower towers on both sides portray sun and moon, signs of the firmament but also symbols for Christ and Mary. Of course the organ case can be regarded simply as a masterly performance (both technical and musical) of craftsmanship that encloses a work of art in an ornate and magnificent manner. At the same time it would surely be strange if the most monumental furnishing, directly opposite the main altar in a church that was much more richly adorned in those days than it is now, were merely and exclusively a „piece of furniture” while for other works of art of depictive nature in churches exclusively religious themes were allowed. For this reason it seems reasonable to look into the theological idea behind this organ prospect. Even back in the ancient world people were convinced that God created the world according to proportions and figures. This way of thinking formed Pythagoras’ world view and was still impressed on the Middle Ages and Renaissance. According to this the miracle of the Creation could be described with simple cardinal numbers and their ratio to each other. Early on the mathematicians discovered that the interval structure in music is based on the relation between the first cardinal numbers. So the ratio of the frequency of the two notes of the octave is 1:2, of the fifth 2:3, of the fourth 3:4 and of the third 4:5 and exactly these intervals are the ones that sound as harmonics or overtones with every note – and they form the triad that is of basic importance for our tonal system. So it is not surprising that the music theorist from Brabant, Johannes Tinctoris, (ca 1435-1511) described music as being the most noble and perfect creation which pleases God best of all. 24 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 24


It is almost a logical consequence of this way of thinking that the organ case draws its proportions from these ratios between the numbers too: breadth and height of the main case are exactly equal, so stand in the ratio 1:1. This in its turn corresponds musically with the (most) perfect interval, unison, and is regarded as being the reflection of God Himself. Add the case ornamentation, i.e. the finial and the opened winged doors, and the ratio is the same again. When these doors are shut, the normal weekday appearance, the ratio of the breadth and height is 1:2, musically speaking the octave or the ratio of the fundamental to its second harmonic. The Rückpositiv has the same proportions, in a ratio of 1:3 to the main case. This corresponds musically to the ratio of the fundamental to its third harmonic. The octave and the fifth were consonant, i.e. melodious, intervals for the medieval musician. Their implementation as basic architectural structure for a representative organ specifically emphasizes the unity of this monumental instrument with God’s perfect creation. Both in the book Isaiah in the Old Testament and in the book of Revelation in the New Testament visions of heaven have been handed down in which the angels praise God with music. The association between the praise of the organ and God as addressee of its music is shown in the symbol for God at the highest, most prominent point of the organ, in heaven as it were. Sun and moon symbolize heaven as God’s dwelling place, at the same time they stand somewhat lower than the symbol for God to symbolize God’s command over the firmament too. The tabernacle top pieces make it clear that the seat of God represents the Holy of Holies. At the same time the word „tabernacle” in Christian terminology implies a reference to the „Heavenly Jerusalem” that is described as „the tabernacle of God is with men” (tabernaculum Dei cum hominibus) in Revelation 21:3. It is no coincidence that the form of the tabernacle top pieces is six-cornered and three storied. The number six recalls to mind the six-winged seraphim in Isaiah, the number three recollects the trinity of Father, Son and Holy Spirit also portrayed in the triangular symbol for God. The fact that there are three three-storied tabernacles with triangular gables, to cap it all, strengthens and underlines this allusion. And yet the three angels on the Rückpositiv do not have six wings but only two and they assume human form. The depic25 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 25


tion of the angels in medieval Christian iconography developed from the ethereal winged being more and more into anthropomorphic human figures. The angels come closer to mankind and here in St John’s they are markedly elegant figures who play instruments familiar to us, exactly the ones used as typical accompanying instruments in the church music of the Renaissance, cornets and trombones. This fact together with the proximity of the angels to the Christians celebrating the service indicates the clear intention to create a link between the praise of the angels in heaven and the praise of the people on earth resounding in their service. Unfortunately we no longer know what pictures Maarten van Heemskerck painted on the canvases of the winged doors. But we can ascertain that the great majority of the organ wings up to and during the sixteenth century depict the scene of the annunciation of the Blessed Virgin Mary. On the left-hand side the archangel Gabriel, who announces to Mary that she is to be the mother of Jesus Christ. The iconography of this scene could be supplemented: often in the middle above Gabriel and Mary God the Father is portrayed, from whom rays of divine light shine down. The temple curtain is frequently in the bakkground, furled back at the moment of the announcement that God is made man to reveal the Holy of Holies. And sometimes the artist paints the expulsion from Paradise in the bakkground, signalising that through the birth of Christ Paradise becomes accessible to mankind once more. So what does such painting on an organ prospect signify? God, who symbolically appears repeatedly in the organ case, can be experienced with the senses, audibly and noticeably in his most perfect creation, music. This experience grants a glimpse of Paradise, of heaven, the Holy of Holies stands open for everyone who hears this praise and takes part in it. And as in the story of the nativity it is the angels who proclaim to all people that God is made man and who conclude this gospel (the good news) praising God: „Glory to God in the Highest” – Gloria in excelsis Deo. 26 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 26


The Symphonic Choir Organ The choir organ built by the organ builder firm Kuhn in Männedorf Switzerland in 2010 is based on the idea that there are musical tasks which cannot be performed by the world-famous historical Renaissance-/Baroque organ on the west gallery. The new instrument was to be aligned unmistakably to the symphonic - romantic sound world particularly developed by the French, thus introducing a tone quality to the Lüneburg organ landscape that was hitherto unknown. This type of organ complements the great organ in an ideal manner and is particularly suited for cooperating in oratorios, as accompanying instrument for the choirs at services and concerts, as well as for the interpretation of 19th and 20th century symphonic music. The sound concept of the new organ does not follow a particular historical example but is rather the result of careful considerations. The fundamental principle of these considerations is the musical practice of today and the diverse duties in services and concerts. For these reasons the new organ is not a stylistic copy but quite deliberately – as is clearly visible in its exterior appearance – a modern organ of our times. The musical core of the new organ, however, definitely has its origin in the French tradition of the 19th century which differs from German organ design in many details. For the scaling and voicing the Kuhn workshop made extensive use of the vast experience that they have gained while restoring historical original Cavaillé-Coll instruments as well as by building several large instruments in this style. Like every organ the choir organ in St John’s is a unique product. It was planned so that the exterior case design by architect Carl-Peter von Mansberg (Lüneburg) and the inner structural concept, which has to take organ building requirements into consideration, are an optimal match. The organ has 27 stops (3 of them being borrowings and one extension), allotted to Grand Orgue, Récit and Pédale. 1424 of the 1454 pipes are pewter (tin-lead alloy), 30 pipes are wooden. The key action (connection between key and sound valve) is mechanic, the stop action mechanism (switches stops on and off) is electric. 27 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 27


The instrument is played from the console that stands apart from the pipe work. The bellows and parts of the traction are to be found in the lower part of the organ case. On top of this, on the level of the cantilever, the wind chests for the first manual and for the pedal are accommodated. Above the Grand Orgue is the swell box for the expressive manual (Récit). A special quality of this organ is its four-sided case. To the observer the instrument appears to be a cube of pipes standing on their own. On three sides the pipes are made of cast pewter, on the East side they are of oak wood. Architecture To add and integrate a further instrument with about 1500 pipes in a significant position, namely on the Junkernlektor (junker gallery) beside the chancel, to such an interior with the famous – or rather one might say, incomparable – organ, the altar and the other art treasures, is initially a responsibility which causes the architect to quake, not cheer! Especially our being architect „in residence” here, of longstanding association with this congregation and church, we are aware of the controversies accompanying this project right from the start. The proportions of the instrument, (i.e. the number of stops etc.) had already been defined when we began. And there were conditions from the previous failed projects that remained valid. For example, that the new organ should rise quite detached from walls and pillars! But „how” had to be invented completely anew. In a series of sketches and simple model experiments we, in cooperation with the Swiss organ builders Kuhn and not least with the regional church authorities and representatives from the congregation, gradually developed a concept which in the end could be accepted by all sides and sponsored, In an accurate model on the scale of 1:15 this could be ascertained and the public involved. By the way, we were in swift agreement that every kind of historicizing conformity with the outstandingly remarkable surroundings and its marvellous details would only cause embarrassment and irritation! Concrete material samples and specimens put on display in the church showed increasingly that we would be able to infer associations only in a dialogue of contrasts and in an independent approach. 28 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 28


So the new instrument did not receive an encasement. The assembly of its sounding parts, of the silver and wooden pipes, form the corpus, the „organ itself” on a lower structure covered by Corten-steel sheets which conceal the wind apparatus and mechanical parts. The pipes „float” on a mirrored, protruding cornice that reflects light and colours. All dimensions of the visible parts match musical proportions, the golden section and leading from that the „modulor” as developed by Le Corbusier and Einstein. Le Corbusier : „The modulor is a scale of proportions”. Carl-Peter v. Mansberg, Architect BDA 29 FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 29


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31 Die Organisten Jost Funcke ? -1592 Johann Steffens 1592-1616* Franziskus Schaumkell d.Ä. 1617-1676* Christian Flor 1676-1697* Georg Böhm 1698-1733* Georg Wilhelm Dietrich Saxer 1734-1737* Ernst Ludwig Hartmann 1737-1753 Leonhard Bernhard Georg Hartmann 1753-1755 Karl Otto Ulrich 1755-1758 Johann Christoph Schmügel 1758-1766* Johann Friedrich Gottlieb Westenholtz 1766-1775 Johann Gerhard Sasse 1775-1809 Joachim Justus Cölln 1809-1841 Louis Anger 1842-1870* Heinrich Franz Daniel Stiehl 1870* Carl Uellner 1871-1920 Carl Hoffmann 1920-1949 Hans Heintze 1949-1956 Volker Gwinner 1957-1977* Irmela Dahlke 1974-1985 (Assistenz) Dietrich von Amsberg 1977-2002 Christiane Maiwald seit 1986 Joachim Vogelsänger seit 2002 *Von diesen Organisten sind Orgelwerke überliefert, die sie für die und an der St.-Johannisorgel komponierten. FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 31


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33 Impressum Herausgeber: St. Johannis Lüneburg Bei der St. Johanniskirche 2 21335 Lüneburg Inhalt: KMD Joachim Vogelsänger Übersetzung: Eleanor Thiel und John Cramer Fotos: Lüdeking (Titel, Umschlag innen, 5, 10) Neidhardt (S. 7, 9) Schlitzkus (S. 16, 18) Stüber (S. 14, Rückseite) Archiv FolderNeu.qxd 15.08.2012 15:35 Seite 33


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