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Universität: Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut: Institut für Didaktik der Geographie Semester: Sommersemester 2022 Seminar: Praxisbezogene Studien im Fach Geographie Kurs A Modul: Praxisbezogene Studien in der Geographiedidaktik mit Prüfungsleistung Praktikumsschule: Mariengymnasium Bocholt Dozentin: Dr. Katja Wrenger Studienprojekt mit Prüfungsleistung - Über welches topographische Orientierungswissen hinsichtlich Deutschlands verfügen Schüler/-innen eines Gymnasiums am Ende der Einführungsphase? Vorgelegt von: David Grieger Adresse: Antoniuskirchplatz 14, 48151 Münster Matrikelnummer: 528488 E-Mail: [email protected] Studiengang: MEd Geographie & Germanistik (Gym/Ges) Fachsemester: 2 Abgabe: 31.08.2022


Inhaltsverzeichnis 1. Problemstellung und Zielsetzung ............................................................................................... 1 1.1 Anlass der Untersuchung .............................................................................................................. 1 1.2 Relevanz und Zielsetzung ............................................................................................................. 1 2 . Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand ...................................................................... 2 3. Material und Methode .............................................................................................................. 4 3.1 Untersuchungsdesign ................................................................................................................... 4 3.2 Stichprobe .................................................................................................................................... 4 3.3 Messinstrument ........................................................................................................................... 4 3.4 Gütekriterien ................................................................................................................................ 5 4. Durchführung ........................................................................................................................... 6 4.1 Datenerhebung ............................................................................................................................ 6 4.2 Datenauswertung ......................................................................................................................... 6 5. Ergebnisse und Diskussion ........................................................................................................ 7 6. Reflexion ................................................................................................................................ 10 Literaturverzeichnis .................................................................................................................... 12 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................ 13 Anhang ...................................................................................................................................... 14 Eidesstattliche Erklärung des Studierenden ................................................................................. 17


1 1. Problemstellung und Zielsetzung 1.1 Anlass der Untersuchung Im Rahmen meines Praxissemesters am Mariengymnasium in Bocholt hatte ich die Möglichkeit, im Erdkunde-Unterricht einer zehnten Klasse zunächst als Beobachter zu hospitieren. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich zu diesem Zeitpunkt mit verschiedenen fossilen Energieträgern auseinander und erarbeiteten sich diese anhand verschiedener Fallbeispiele. In einer Doppelstunde wurde Braunkohle als Energieträger thematisiert. In einer der zu bearbeitenden Aufgaben sollte zunächst das rheinische Braunkohlerevier im Atlas lokalisiert werden. Dabei stellte sich heraus, dass einige Schüler erhebliche Probleme mit der Lokalisierung hatten. Nachdem ein Schüler auf Nachfrage das rheinische Braunkohlerevier in südwestdeutschen Raum vermutete, stellte ich mir die Frage, ob die Kenntnis über die Lage der größten Braunkohleabbauregion Europas zum Grundwissen eines Zehntklässlers gehören sollte. Nach der Stunde sprach ich den Lehrer auf die von mir beobachtete Problematik an, der mir daraufhin bestätigte, dass die SuS grundsätzlich Probleme bei der Lokalisierung geographischer Elemente im Raum haben. Im Anschluss recherchierte ich zu dem Thema und stellte fest, dass es verschiedene Studien u. a. von Hemmer et al. (2008) gibt, die sich mit der Frage beschäftigen, über welches topographische Orientierungswissen ein Bundesbürger verfügen sollte. Daher bin ich zu folgender Fragestellung gekommen, mit der ich mich im Rahmen dieses Studienprojektes auseinandersetzen möchte: Über welches topographische Orientierungswissen hinsichtlich Deutschlands verfügen Schüler/- innen eines Gymnasiums am Ende der Einführungsphase? 1.2 Relevanz und Zielsetzung Im Hinblick auf die Entwicklung einer räumlichen Orientierungskompetenz als „grundlegende Kulturtechnik“ (vgl. Hemmer et al. 2008, S. 17), in die auch das topographische Mindestwissen eingebettet ist, ist die Kenntnis über den aktuellen Zustand in deutschen Klassenräumen von großer Bedeutung. Böhn (1995) argumentiert in diesem Zuge etwa, dass ein Maß an topographischen Mindestwissen notwendig sei, um sich im eigenen Land zurechtzufinden (vgl. Böhn et al. 1995, S. 49). Gerade bei der von mir untersuchten Jahrgangsstufe, in der die SuS vor der Wahl ihrer Neigungspräferenzen für die Oberstufe stehen, gilt es herauszufinden, mit welchem topographischen Orientierungswissen sie in die Oberstufe starten. Auch mögliche Leistungsunterschiede hinsichtlich des Geschlechts, der Kurswahl und der Zeit, die die SuS in Deutschland leben, sollen durch dieses Studienprojekt erhoben werden. Untersuchungen zu diesem Thema gibt es bisher in einer darunter liegenden Jahrgangsstufe und mit Fokus auf bundeslandspezifische Unterschiede (vgl. Lamkemeyer 2013; Möller et al. 2012), weshalb hinsichtlich der von mir untersuchten Schwerpunkte noch Forschungsbedarf besteht. Die aus diesem Studienprojekt gewonnenen Kenntnisse sind für meine zukünftige Tätigkeit als Geographielehrer insofern relevant, als dass daraus abgeleitet werden kann, ob und in welchem Maß noch unterrichtlicher Förderbedarf hinsichtlich des topographischen Orientierungswissens besteht. Daraus lassen sich dann wiederum Maßnahmen ableiten, um den identifizierten Defiziten entgegenzuwirken. Des Weiteren lassen sich eventuell Muster erkennen, an die man die Unterrichtsplanung in der betroffenen Stufe, aber auch die der darunter liegenden Klassenstufen anpassen kann. Mit den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich so im Idealfall präventiv Wissenslücken verhindern und Schülerinnen und Schülern so ein topographisches Mindestwissen vermitteln. Außerdem sollen durch die Erhebung einiger personenbezogener Daten mögliche Schlüsse auf Geschlechterunterschiede und


2 von der Lebenszeit in Deutschland abhängige Unterschiede gezogen werden, die in meiner späteren persönlichen unterrichtlichen Praxis berücksichtigt werden sollen. 2 . Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand Um die in diesem Projekt erhobenen Ergebnisse einordnen zu können, gilt es, den bisherigen Forschungsstand zur untersuchten Thematik zu skizzieren. Dafür wird in zwei Arten der bisherigen Untersuchungen unterschieden. Zunächst werden verschiedene Studien zum Sollwert (vgl. Erasmus 2015, S. 30f) der topographischen Kenntnisse vorgestellt, ehe nachfolgend Studien von Lamkemeyer (2013) und Möller et al. (2012) zusammenfassend dargestellt werden, die als erste umfangreiche empirische Untersuchungen den Istwert in Bezug auf die schulische Praxis abbilden. Die Relevanz der räumlichen Orientierungskompetenz wurde in den vergangenen Jahrzehnten in diversen Studien thematisiert. Dabei wurde meist ein Sollwert hinsichtlich der zu erreichenden topographischen Kenntnisse skizziert, der bis heute auf keinem allgemeingültigen Kanon beruht (vgl. Hemmer 2008a, S. 2). Bereits in der ehemaligen DDR entwickelte Schlimme im Jahr 1983 ein topographisches Grundgerüst, das von SuS mit „absoluter Sicherheit“ (vgl. Hemmer et al. 2008, S. 52f) angeeignet werden kann. Es konzentriert sich auf wenige topographische Fakten, wie Staaten, Städte und Gewässer. Einen ersten Grundkanon zu topographischen Grundbegriffen entwickelte erstmals Birkenhauer 1996 mit einem Arbeitskreis aus Geographiedidaktikern an bayrischen Universitäten, der eine Auswahl an Staaten, Hauptstädten, Wirtschaftsmetropolen, Gebirgszügen, Flüssen etc. beinhaltet. Insgesamt umfasst der Kanon 425 topographische Elemente, die SuS am Ende der Sekundarstufe I kennen sollten. Von diesen 425 Elementen waren 78 topographische Objekte in Deutschland verortet (vgl. Erasmus 2015, S. 30). Im kleinräumigeren Maßstab entwickelte zuvor bereits Böhn u. a (1995) für den Bezugsraum Deutschland eine Liste mit 100 Begriffen aus kultur- und naturgeographischen Einheiten sowie den Nachbarstaaten Deutschlands. Die Zahl 100 wurde hierbei bewusst gewählt, um die Willkürlichkeit dieser Auswahl zu verdeutlichen (vgl. Hemmer et al. 2008, S. 52). Die theoretische Orientierungsgrundlage für dieses Studienprojekt sind in erster Linie die Studien von Hemmer et al. (u.a. 2008a, 2008b, 2006a, 2006b, 2005 & 2004), die in Ergänzung zu den eben genannten Studien einen empirischen Ansatz zur Definition von topographischen Mindeststandards, über die Bundesbürger verfügen sollte, liefern. Diese Mindeststandards wurden dabei gemeinsam von gesellschaftlichen Spitzenvertretern und Geographieexperten für die drei Maßstabsebenen Welt, Europa und Deutschland entwickelt, wobei die Probanden auf den verschiedenen Maßstabs-Karten für sie relevante geographische Elemente mit einem Textmarker hervorheben sollten. Für Deutschland entstand so eine Karte, die einen Kanon aus 79 topographischen Grundbegriffen enthält, welche von mehr als der Hälfte aller Befragten als Grundschatz topographischen Wissens eingestuft wurden. Beide Probandengruppen wiesen dabei eine hohe Übereinstimmung hinsichtlich der Rangfolge und Wichtigkeit der topographischen Elemente auf. Dazu zählen unter anderem alle Landeshauptstädte und Bundesländer sowie Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern, die großen Flüsse, Seen und Gebirge, höchste Erhebungen und ausgewählte Landschaftsbezeichnung, wie z.B. Nord- und Ostfriesische Inseln (vgl. Hemmer et al. 2008, S. 54). Im Zuge dieses Studienprojekts werden die Istwerte der SuS in der untersuchten Klasse mit den Sollwerten von Hemmer et al. (2008) verglichen. Eine erste repräsentative Untersuchung zum Ist-Wert in deutschen Schulen stellt die 2013 veröffentlichte Studie von Lamkemeyer dar (vgl. Erasmus 2015, S. 23). Sie wurde als Forschungskooperationsprojekt der Universitäten Münster, Eichstätt, Bayreuth und Nürnberg/Erlangen zur Räumlichen Ori-


3 entierung durchgeführt und soll als Grundlage für zukünftige Interventionsstrategien zur Vermittlung topographischer Kenntnisse dienen. Zur Erhebung der grundlegenden topographischen Kenntnisse der SuS am Ende der Sekundarstufe I wurde dabei u. a. auf 19 Aufgaben zurückgegriffen, in deren Rahmen die Probanden auf globaler, kontinentaler und nationaler Ebene Staaten, Städte, Gebirge und Flüsse in topographische Karten einordnen oder in stumme Karten einzeichnen sollten (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 106). Die Studie wurde dabei in bayrischen, nordrhein-westfälischen und thüringischen Gymnasien, Haupt-, Real-, und Regelschulen durchgeführt und es nahmen insgesamt 1060 Probanden teil (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 106). Die Ergebnisse der Studie lassen sich so zusammenfassen, dass die Fähigkeiten hinsichtlich des basalen Orientierungswissens der Schülerinnen und Schüler überwiegend als unbefriedigend zu bewerten sind (vgl. Erasmus 2015, S. 24). Keine der Aufgaben konnte von mindestens 50 % der SuS richtig bearbeitet werden. Besonders große Probleme zeigten sich dabei, physiogeographische Elemente in die Karte einzuzeichnen. Dazu zählen deutsche und europäische Flüsse und Gebirge. Dort lag, je nach einzuzeichnenden Item, die Erfolgsquote der Probanden zwischen 9 % und 22,9 %, was darauf hindeutet, dass nicht einmal jeder vierte, der SuS in der Sekundarstufe I deutsche und europäische Gebirge in eine Karte einzeichnen oder hinsichtlich ihrer Lage verorten kann (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 109). Bessere Ergebnisse wurden demnach bei den anthropogeographischen geprägten Aufgaben erzielt. So waren immerhin 43,3 % der Probanden in der Lage, die europäische Staaten zu verorten und 41,9 % konnten die Lage und Namen der Kontinente benennen (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 108). Insgesamt sind die SuS nach der Studie von Lamkemeyer (2013) demnach eher in der Lage, großräumig globale und kontinentale Gegebenheiten einzuordnen, als kleinräumigere nationale und außerdem anthropogeographisch begründete Raumstrukturen besser kennen als physiogeographisch begründete Gegebenheiten. Das Ergebnis muss differenziert nach Schulformen betrachtet werden. So schnitten Gymnasiastinnen und Gymnasiasten durchschnittlich deutlich besser ab als SuS der Realschule und der Hauptschule. Als Einflussfaktoren auf die Ergebnisse nennt Lamkemeyer das kognitive Niveau, das Interesse an Kartenarbeit, die soziale Statuszugehörigkeit sowie die Bundeslandzugehörigkeit der Probanden (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 114). Eine weitere Untersuchung zum topographischen Wissen von Schülerinnen und Schülern hinsichtlich Deutschlands führten Möller et al. (2012) durch. Bei der Untersuchung wurden verschiedene Probanden-Gruppen ausgewählt, die in Anlehnung an Birkenhauer (1996) in einer stumme Karte mit eingezeichneten Städten, Gebirgen, Gewässern, Inselgruppen die jeweiligen Bezeichnungen vornehmen sollten. Als Grundlage wurden die aus der Studie von Hemmer et al. stammenden 79 topographischen Items ausgewählt. Zu den untersuchten Gruppen zählten Studienanfänger*innen, SuS der Klassenstufe 10 sowie Erdkunde-Lehrkräfte. Die Ergebnisse der Probanden aus der 10. Klasse deuten in eine ähnliche Richtung wie die von Lamkemeyer (2013), da der Kenntnisstand der SuS auf einem ähnlich niedrigem Niveau einzuordnen war. So wurden in der Kategorie Städte 37,9 % der Items korrekt benannt, in der Kategorie Gewässer 34,4 % und in der Kategorie Gebirge lediglich 11,8 % der Items richtig benannt (Hüttermann et al. 2012, S. 126). Da es sich bei der in diesem Studienprojekt untersuchten Stichprobe um eine vergleichbare Probandengruppe wie bei Möller et al. (2012) handelt, ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse dieses Projektes auf ähnliche grundsätzliche Defizite vor allem hinsichtlich des physiogeogeographischen topographischen Kenntnisstandes hindeuten werden. Neue Kenntnisse sollen mithilfe dieses Studienprojektes neben dem allgemeinen topographischen Kenntnisstand der SuS auch hinsichtlich möglicher geschlechterspezifischer Unterschiede, möglicher Korrelationen zwischen erzieltem Ergebnis


4 und der Zeit, die die teilnehmenden Probanden in Deutschland leben sowie einer möglichen Korrelation zwischen Ergebnis und Kurswahl in der Oberstufe erzielt werden. Die Untersuchung von Möller et al. (2012) berücksichtigt diese Punkte kaum, da dort eher bundeslandspezifische Unterschiede zwischen Nordrhein-Westfalen du Niedersachsen untersucht werden. 3. Material und Methode 3.1 Untersuchungsdesign Dieses Studienprojekt orientiert sich hinsichtlich des Untersuchungsdesigns an der von Möller et al. (2012) durchgeführten Untersuchung und greift dabei auf den Grundkanon aus 79 topographischen Begriffen zurück, den Hemmer et al. in Zusammenarbeit mit Geographieexperten und Spitzenvertretern der Gesellschaft entworfen haben. Dieser gilt als Sollwert der von den SuS zu erzielenden Ergebnisse. In Anlehnung an Birkenhauer (1996) sollen die SuS zur Bestimmung ihrer topographischen Orientierungskenntnisse ähnlich dem Erhebungsinstrument von Möller et al. (2012) in eine stumme Karte eingezeichnete Städte, Gewässer, Gebirge und Inseln bzw. Inselgruppen anhand von Codes verorten (Lamkemeyer 2013, S. 47; Hüttermann et al. 2012, S. 118). Die Überprüfung der Kenntnisse wird mithilfe eines quantitativen Leistungstests durchgeführt, der dazu dient, Merkmalsausprägungen bei Individuen – in diesem Fall topographische Kenntnisse, möglichst genau quantitativ zu erfassen (vgl. Hussy et al. 2013, S. 80). Für die Bearbeitung des Tests haben die SuS insgesamt 30 Minuten Zeit, weshalb es sich um einen Speed-Test handelt. Diese Zeitangabe wurde zuvor in Absprache mit der Lehrkraft als realistische Zeitspanne für die Bearbeitung veranschlagt. Der Test ist auf Grundlage der 79 topographischen Begriffe (vgl. Hemmer et al. 2008) erstellt, die dort in Form von Items zugeordnet werden. Die Zuordnung der Items in der Karte ist halboffen, was bedeutet, dass die SuS selbst eine Antwort formulieren müssen, die entweder richtig oder falsch sein kann (vgl. Bortz u. Döring 2006, S. 213). Die Anzahl der korrekten Antworten nach dem Sollwert der Studie von Hemmer et al. soll letztlich den Leistungsstand des jeweiligen Probanden abbilden. 3.2 Stichprobe Als Stichprobe werden alle SuS aus zwei Erdkunde-Grundkursen der Einführungsphase des Mariengymnasiums in Bocholt ausgewählt, weshalb es sich bei der Stichprobe nach Herfter & Rathjen (2013, S. 112f) um eine Vollerhebung handelt. Insgesamt nehmen 37 Probanden an diesem Leistungstest teil, wobei 18 Probandinnen weiblich und 19 Probanden männlich sind. Beide Kurse werden seit Beginn der neunten Klasse von derselben Lehrkraft unterrichtet, sodass eine gewisse Vergleichbarkeit der Kurse besteht. Beide Kurse wurden nach subjektiver Aussage der Lehrkraft als grundsätzlich leistungsstark eingestuft. Hinsichtlich der topographischen Kenntnisse gibt es jedoch auf Grundlage meiner eigenen Beobachtung und in Rücksprache mit der zuständigen Lehrkraft deutliche Leistungsunterschiede. Die Auswahl der Stichprobe ist dadurch begründet, dass in beiden Kursen hospitiert und zu einem späteren Zeitpunkt auch selbst unterrichtet wurde. Außerdem wird die Testung in beiden Kursen durchgeführt, um eine ausreichend große und repräsentativere Stichprobe als Analysegrundlage zu haben. 3.3 Messinstrument Die Daten des Studienprojektes werden mithilfe eines Leistungstests in der 10. Klasse erhoben, dem ein kurzer Fragebogen voraus geht. Der Test ist nicht in eine Unterrichtsreihe eingebettet, und es wurden auch keine Prä-Testungen durchgeführt, um den Ist-Zustand hinsichtlich des topographi-


5 schen Wissens der Probanden nicht zu verfälschen. Das Erhebungsinstrument in Form der stummen Karte ist thematisch und inhaltlich an Hemmer et al. (2005; 2008) und Möller et al. (2013) angelehnt. Diese stammt aus einer Internetvorlage und wurde in Vorbereitung auf dieses Studienprojekt individuell mit Microsoft-Word selbst bearbeitet. Dies hat den Vorteil, dass die Komplexität der Karte beliebig verändert werden kann und somit nur die für den Leistungstest relevanten Items beinhaltet. Somit wird eine Übersichtlichkeit gesichert, die die SuS nicht überfordert. Die Karte wird in DIN A3 und in Farbe ausgehändigt, was der besseren Anschaulichkeit und Bearbeitungsmöglichkeit dient. Bei der Karte handelt es sich um einen physische Deutschlandkarte, um großräumige Beschaffenheiten, wie etwa Gebirgszüge besser erkennen zu können, da insbesondere diese in vorangegangenen Studien seitens der Probanden nur unzufriedenstellend erkannt, bzw. zugeordnet wurden. Grundlage für die in der Karte zu verortenden Items, ist der Grundkanon nach Hemmer et al. 2008, bestehend aus 79 topographischen Items der Kategorien Städte, Bundesländer, Flüsse, Meere/Seen, Gebirge und Inseln. Die Markierungen der einzelnen Items in der Karte ist farblich und symbolisch so gewählt, dass sie sich möglichst gut voneinander unterscheiden und den SuS eine eindeutige Zuordnung ermöglicht wird. Diese Items werden als Hilfestellung unter den Eingangsfragebogen nach Kategorien abgedruckt, da bei einem vorangegangenen Probe-Leistungstest im Grundkurs der Q1 erhebliche Probleme bei der Verortung auftraten. Dort hatten die SuS den Begriffs-Kanon nicht vorgegeben, was dazu führte, dass ein Großteil der SuS nur sehr wenige Items in der Karte erkannten. Der kurze Fragebogen zu Beginn dient der genauerer Interpretation der erhobenen Daten. Die SuS sollen hier eine kurze Angabe zu ihrem Geschlecht, zu ihrem Alter und zur Kurswahl machen. Zusätzlich sollen die SuS Angaben zur Lebensdauer in Deutschland machen, um mögliche Verbindungen zwischen dem topographischen Kenntnisstand und der Zeit, die die SuS in Deutschland leben, zu prüfen. Sowohl bei der Formulierung des Fragebogens als auch bei der Benennung der Items wurde darauf geachtet, dies sprachlich möglichst einfach zu gestalten, um die Gefahr von Fehlinterpretationen zu vermeiden (vgl. Moosbrugger & Kelava 2012, S. 64) 3.4 Gütekriterien Der erfolgreichen Durchführung und Auswertung dieses Projektes liegt eine Berücksichtigung der quantitativen Gütekriterien zu Grunde. Dazu zählen Objektivität, Reliabilität sowie Validität. Durch die Nutzung halboffener Items, die entweder richtig oder falsch zugeordnet werden können, besteht eine grundlegende Objektivität bei der Untersuchung, da die Ergebnisse auch intersubjektiv überprüfbar sind (vgl. Hussy et al. 2013, S. 23). Durch das selbstständige Formulieren der Antworten kann es allerdings zu Objektivitätseinbußen kommen, da schon kleinere Formulierungsnuancen (vgl. Bortz & Döring 2006, S. 213) seitens der Probanden dazu führen können, dass nicht mehr eindeutig zu entscheiden ist, ob das Item nun korrekt zugeordnet ist oder nicht. Dem wird jedoch durch die kategorisierte Liste der zuzuordnenden topographischen Begriffe entgegengewirkt, die die SuS zusätzlich zur stummen Karte ausgehändigt bekommen. Rechtschreibfehler, die die Entscheidung über die Korrektheit einer Zuordnung erschweren, sollen so minimiert werden. Objektivität wird darüber hinaus dadurch erreicht, dass der beigefügte Fragebogen keine Namenangaben als personenbezogenen Daten erhebt und die Testung somit anonym bleibt. Des Weiteren wird die Testung an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils zu einer ähnlichen Unterrichtszeit durchgeführt, um uhrzeitbedingte Konzentrationsunterschiede der Probanden auszuschließen. Für das vorliegende Projekt wurde lediglich ein Testdurchlauf durchgeführt, weshalb eine TestRetest-Reliabilität (vgl. Hussy et al. 2013, S. 24) nicht gegeben ist. Dies ist dadurch zu begründen, dass bei den SuS unter Umständen ein Erinnerungseffekt hinsichtlich der topographischen Kenntnisse


6 eingetreten und somit der Ist-Wert verfälscht werden würde. Eine möglichst große Reliabilität wird dennoch durch die genaue Festlegung der Testbedingung erreicht, die die Durchführung eines Posttests unter ähnlichen Testbedingungen ermöglichen würde. So werden die SuS während des Tests an Einzeltische gesetzt, um Abschreiben zu verhindern. Außerdem dürfen die SuS den Test nur innerhalb des vorgegeben Zeitraum bearbeiten und die Instruktionen beschränkten sich auf die Vorstellung des Projektes. Während der Testung werden keine Hilfestellungen seitens des Testers gegeben. Eine Interrater-Reliabilität (vgl. Hussy et al. 2013, S. 24) wäre ebenfalls gegeben, da die verwendeten Items halboffen sind und sich am Soll-Wert der Studie von Hemmer et al. (2008) orientieren. So dürften voneinander unabhängige Prüfer*innen zu ähnlichen Auswertungsergebnissen kommen. Hinsichtlich der Validität gilt es, mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Zum einen ist die Konstruktvalidität (vgl. Hussy et al. 2013, S. 86) gegeben, da der Leistungstest ausschließlich das topographische Orientierungswissen abfragt und nicht weitere Kompetenzen der räumlichen Orientierung prüft. Der Aspekt der internen Validität ist möglichst gut erfüllt, da ein Großteil der Störfaktoren eliminiert sein dürften. Die externe Validität hingegen dürfte recht klein sein, da die Stichprobe aus 37 Probanden nicht sonderlich groß ist und der Leistungstest lediglich in einer Jahrgangsstufe durchgeführt wurde. Des Weiteren ist die Untersuchung, wie bereits von Lamkemeyer festgestellt, nur auf das topographische Wissen hinsichtlich Deutschlands bezogen und grenzt SuS anderer Schulformen aus ( vgl. Hüttermann 2012, S. 48). 4. Durchführung 4.1 Datenerhebung Die Durchführung des Leistungstests erfolgte in Kurs A am 09.06.2022 und in Kurs B am 10.06.2022 zu Beginn der dritten und vierten Stunde. Zunächst wurden die SuS im Raum so verteilt, dass jeder an einem Einzeltisch sitzt und somit gesichert werden konnte, dass die SuS den Test in Einzelarbeit erledigen. Anschließend wurde das Arbeitsblatt mit dem Fragebogen, dem Kanon der topographischen Begriffe, welche auf der stummen Karte zu verorten sind sowie der stummen Karte als Farbkopie in Din A3 ausgeteilt. Anschließend wurde der Anlass des Leistungstests, die zu erledigende Aufgabe sowie das Erhebungsinstrument vorgestellt. Danach wurden der letztmögliche Abgabezeitpunkt an das Whiteboard und die SuS anschließend aufgefordert, mit dem Test zu beginnen. Während der Testung wurden die SuS durch mich und eine weitere Lehrkraft beaufsichtigt, sodass sich die SuS nicht untereinander absprechen konnten. SuS, die weniger als die veranschlagten 30 Minuten benötigten, durften eher abgeben und sich anschließend still auf den Platz zurücksetzen. Nach spätestens 30 Minuten mussten jedoch alle SuS ihren Test abgeben. Im Anschluss setzte die zuständige Lehrkraft den Unterricht fort. Die SuS beschäftigten sich dort mit dem Drei-Schluchten-Staudamm im Rahmen der Unterrichtssequenz zu Wasserkraft als regenerative Energiequelle. 4.2 Datenauswertung Für die Datenaufbereitung und Auswertung wurden nach einer Musterlösung gemäß des topographischen Grundkanons von Hemmer et al. (2008) die Ergebnisse der SuS überprüft. Dabei wurde zunächst geprüft, wie viele der zuzuordnenden Items in den einzelnen Kategorien korrekt bestimmt wurden. Zuvor wurden die Tests nach dem Geschlecht der Probanden sortiert. Die einzelnen Ergebnisse wurden dann in Microsoft Excel fixiert, was nach Poscheschnik (2010, S. 84) dazu dient, diese „dingfest“ und somit auswertbar zu machen. Anschließend wurde der in der jeweiligen Kategorie erreichte Prozentwert pro Schüler berechnet. Nachdem dieser für die einzelnen Probanden berech-


7 net wurde, wurde der Mittelwert in der jeweiligen Kategorie bestimmt. Nachdem für alle Kategorien die Anzahl der erreichten Prozentsätze erhoben wurde, wurde für jeden einzelnen der SuS die Gesamtzahl der korrekt zugeordneten Items zusammengerechnet und im Anschluss der erreichte Gesamt-Prozentwert bestimmt. Im Anschluss daran wurden die erhobenen Ergebnisse hinischtlich der Kurswahl in der Oberstufe und der Zeit, die die SuS in Deutschland leben, auf eventuelle Auffälligkeiten überprüft. Dafür wurden die Ergebnisse in Form von Diagrammen aufbereitet, die erläutert und im Anschluss diskutiert werden. 5. Ergebnisse und Diskussion Um die Forschungsfrage beantworten zu können, über welches topographische Orientierungswissen SuS einer zehnten Klasse hinsichtlich Deutschlands verfügen, werden zunächst die Gesamtergebnisse dargestellt, um davon ausgehend differenziert auf einzelne Ergebnisse einzugehen. Abbildung 1: Gesamtheit aller korrekt zugeordneten Items nach Geschlecht. Quelle: eigene Darstellung. Hinsichtlich der insgesamt korrekt zugeordneten Items ist festzustellen, dass durchschnittlich 57,21 % der Items gemäß des für den Speed-Test zugrunde gelegten Grundkanons von den SuS richtig zugeordnet wurden. Leichte Unterschiede sind bei den geschlechterspezifischen Ergebnissen festzustellen. So erreichten die Jungen durchschnittlich einen Anteil von 59,6 % korrekt benannten Items, die Mädchen hingegen einen Anteil von durchschnittlich 54,82 %. Insgesamt ist festzustellen, dass das von Hemmer et al. (2008) deklarierte topographische Mindestwissen eines Bundesbürgers ähnlich in der Probandengruppe nur bedingt vorhanden ist. So wurden im Durchschnitt nur etwas mehr als die Hälfte der 79 topographischen Begriffe korrekt zugeordnet. Bei den Ergebnissen zu den Neigungspräferenzen und Kurswahl in der Oberstufe (siehe Diagramm im Anhang) ist festzustellen, dass erwartungsgemäß die SuS am besten abgeschnitten, die Erdkunde als Leistungskurs in der Qualifikationsphase gewählt haben. So wurde von dieser Gruppe, die aus 15 Probanden bestand, durchschnittlich 59,62 % der Items korrekt zugeordnet. Bei der Gruppe, die Erdkunde zumindest als Grund- oder Zusatzkurs gewählt haben, wurde mit 48,6 % ein deutlich geringe59,6 54,82 57,21 50 52 54 56 58 60 62 64 Anteil der korrekten Items (%) Gesamtheit der korrekt zugeordneten Items Jungen Mädchen Gesamt


8 rer Anteil an korrekt zugeordneten Items erreicht. Hervorzuheben ist mit 52,22 % der vergleichbar hohe Anteil an korrekten Items in der Gruppe, die kein Erdkunde mehr in der Oberstufe gewählt haben. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Auswertung der bisherigen in Deutschland verbrachten Lebenszeit bei allen Probanden dem gegenwärtigen Alter entsprach, sodass dort keine Rückschlüsse auf etwaige Korrelationen zwischen der Lebenszeit in Deutschland und dem topographischen Wissen gezogen werden konnten. Bei den Ergebnissen der einzelnen Item-Kategorien zeichnet sich ein sehr unterschiedliches Bild ab. Bei den Ergebnissen der einzelnen Item-Kategorien zeichnet sich ein sehr unterschiedliches Bild ab. In der Kategorie Städte wurden durchschnittlich immerhin 61,75 % der Items richtig zugeordnet. Auch in der Kategorie Bundesländer wurde mit 73,19 % ein verhältnismäßig hoher Anteil korrekter Items erreicht. Geschlechterspezifische Unterschiede waren hier kaum feststellbar. Bei den Meeren und Seen wurden durchschnittlich 95,83 % der Items korrekt benannt, wobei viele in der Probandengruppe der Jungen alle Teilnehmer 100 % erreichten. Geringere Anteile an korrekten Items wurden wie erwartet in den physiogeographischen Kategorien erreicht. In der Kategorie Flüsse wurden lediglich 35,81 % und in der Kategorie Gebirge sogar nur 18,6 % erreicht. Damit zeigen die Ergebnisse des in diesem Studienprojektes durchgeführten Tests in eine ähnliche Richtung wie die Untersuchung von Möller et al. (2013), die ebenfalls erhebliche Defizite in diesen beiden Kategorien feststellten. Etwas bessere Ergebnisse wurden in der Kategorie Inseln und Inselgruppen erzielt. Hier wurden durchschnittlich 58,18 % der Items korrekt zugeordnet. Hier waren erhebliche Unterschiede zwischen den männlichen und weiblichen Probanden festzustellen. Während die Jungen 67,74 % der Items korrekt benannten, erreichten die Mädchen einen vergleichsweise niedrigen Anteil von 48,61 %. Im Folgenden wird der Blick noch einmal auf einzelne Items in bestimmten Kategorien gelenkt. Dafür wurde geprüft, welche Items am häufigsten und welche am seltensten korrekt benannt wurden. In der Kategorie Städte wurden Berlin mit 94,59 %, Hamburg mit 91,89 % sowie Bremen und München mit je 83,78 % am häufigsten korrekt benannt. Am seltensten wurden Wiesbaden mit 27,03 %, Erfurt mit 35,14 % sowie Essen und Frankfurt mit 43,42 % korrekt benannt. In der Kategorie Flüsse wurde 61,27 100 73,82 35,52 67,74 19,3 62,13 91,66 72,56 36,11 48,61 17,9 61,75 95,83 73,19 35,81 58,18 18,6 0 20 40 60 80 100 120 Anteil der korrekten Items (%) Ergebnisse in den einzelnen Kategorien Jungen Mädchen Gesamt Abbildung 2: Gesamtheit der korrekt zugeordneten Items in einzelnen Kategorien. Quelle: eigene Darstellung


9 mit Abstand der Rhein mit 83,78 % am häufigsten korrekt benannt, gefolgt von der Elbe mit 51,35 % und der Oder mit 43,24 %. Am seltensten wurde die Neiße richtig zugeordnet. Sie konnten lediglich 16,22 % der SuS korrekt benennen. Bei den Gebirgen wurden die Alpen von 75,68 % der SuS am häufigsten korrekt zugeordnet, gefolgt vom Sauerland mit 40,54 %. Am seltensten wurden der Hunsrück und der Spessart von 0 % der SuS korrekt zugeordnet. Eine weitere Auffälligkeit war bei den Inseln und Inselgruppen zu erkennen, dort wurden häufig die nordfriesischen und die ostfriesischen Inseln sowie Rügen und Usedom miteinander vertauscht. In dem im Rahmen dieses Projektes durchgeführten Leistungstests zeigte sich, dass die SuS insgesamt nur in sehr begrenztem Maße über das von Hemmer et al. (2008) festgelegte topographische Orientierungswissen verfügen. Durchschnittlich wurden lediglich 59,6 % der Items korrekt zugeordnet und das trotz der Tatsache, dass der für die Lösung notwendige Begriffskanon mit ausgehändigt wurde und die Zuordnung somit tendenziell hätte leichter fallen sollen. Dies deutet auf erhebliche Defizite hinsichtlich des topographischen Orientierungswissen bei SuS am Ende der Einführungsphase hin, die auch schon u. a. von Möller et al. (2013) diagnostiziert wurden. Analysiert man die Ergebnisse in Bezug auf die unterschiedlichen Kurswahl-Entscheidungen für die Qualifikationsphase, so fällt auf, dass die Gruppe derjenigen, die Erdkunde im Abitur als Leistungskurs gewählt haben, mit 59,62 % richtigen Zuordnungen erwartungsgemäß am besten abschneidet, was eine Korrelation zwischen topographischen Wissen und grundsätzlichem Interesse und Fähigkeiten am Fach vermuten lässt. Überraschend war die Kenntnis darüber, dass die Gruppe, die Erdkunde in der Qualifikationsphase abgewählt hat, durchschnittlich besser abschnitt als die Gruppe, die Erdkunde weiter in der Oberstufe als Grundkurs gewählt hat. Dies ist jedoch darauf zurückzuführen, dass die Gruppe die Erdkunde abgewählt hat, mit vier SuS deutlich kleiner ist als die Gruppe der Grundkurs-Wähler und der Durchschnitt durch eine besonders erfolgreiche Schülerin signifikant verbessert wurde. Konstatiert man den topographischen Kenntnisstand hinsichtlich der Neigungspräferenzen bzw. Kurswahlen, so ist zu sagen, dass alle drei Gruppen mit deutlichen Defiziten beim topographischen Orientierungswissen in die Qualifikationsphase starten. Bei einigen SuS, die Erdkunde als Leistungskurs gewählt haben, ist dies besonders der Fall, wenngleich die Gruppe insgesamt am besten abgeschnitten hat. So erreichten die schwächsten zwei SuS der LK-Gruppe lediglich 21,52 % und 27,85 %. Dies lässt auf deutlich unterschiedliche Voraussetzungen schließen, mit denen die SuS hinsichtlich des topographischen Grundwissens den Leistungskurs im Fach Erdkunde beginnen. Diese Heterogenität lässt sich ebenfalls in der Gesamtverteilung der korrekten Items feststellen. So hatten 12 der SuS mindestens 70 %, 10 Probanden jedoch zum Teil deutlich weniger als 30 % der Items korrekt zugeordnet. Diese Tatsache kann in der unterrichtlichen Praxis zu erheblichen Problemen führen, da gute topographische Kenntnisse etwa bei Lokalisierungsaufgaben nicht bei allen SuS als vorausgesetzt angesehen werden können. Dort sind dann ggf. eine stärkere Differenzierung in der Aufgabenstellung oder Hilfestellungen von Nöten, um alle SuS bestmöglich zu fördern. Geschlechterspezifische Unterschiede, wie u.a. von Oeser (1980) vermutet, waren in dieser Untersuchung nicht signifikant. So erzielten Jungen und Mädchen weitestgehend sehr ähnliche Ergebnisse, lediglich in der Kategorie Inseln und Inselgruppen waren deutlich bessere Ergebnisse auf Seiten der Jungen zu verzeichnen. Größere Unterschiede in der Kategorie Meere und Seen sind darauf zurückzuführen, dass fast alle SuS die Zuordnung komplett korrekt vornahmen und lediglich drei weibliche Schülerinnen nicht die volle Punktzahl erreichten. Hinsichtlich der einzelnen Kategorien ist besonders auffällig, dass anthropogeographische Items, wie Städte und Bundesländer deutlich häufiger korrekt zugeordnet werden konnten als physiogeographische Elemente. So waren die Gesamtergebnisse in den beiden Kategorien Flüsse und Gebirge mit 35,81 % und 18,6 % korrekter Items besonders schwach. Diese Ergebnisse dieses Studienprojektes


10 decken sich demnach mit denen von Lamkemeyer und Möller (2013). Beide stellen die Vermutung auf, dass der Lehrplan, welcher weniger physiogeographische Themen beinhaltet, eine Ursache für dieses Ergebnis ist (vgl. Hüttermann et al. 2012, S. 109). Diese Hypothese kann mit Blick auf den Kernlehrplan Erdkunde NRW (2019) bestätigt werden, in dem anthropogeographische Inhalte überwiegen. Jedoch ist dies vermutlich nicht der einzige Grund für die Ergebnisse. Ebenso scheint hier der fehlende persönliche Raumbezug der SuS zu vielen Gebirgen und Flüssen eine Rolle zu spielen. So fiel auf, dass ein großer Teil der SuS etwa das nah gelegene Sauerland richtig verortete. Viele kleinere und eng beieinander liegende Gebirgszüge, wie etwa Westerwald und Taunus wurden zwar im richtigen Raum verortet, die genaue Zuordnung war jedoch vielfach fehlerhaft. Hier besteht also Förderbedarf, den SuS auch weniger nah am persönlichen Bezugsraum gelegene, physiogeographische Elemente näher zu bringen. Das gleiche Fehlerpotenzial war bei der Zuordnung der Städte zu erkennen. Dort war die genaue Zuordnung von nah beieinanderliegenden Städten, wie Wiesbaden, Mainz und Frankfurt sowie genaue Zuordnungen im Ruhrgebiet tendenziell problematisch. Auch dort wurden die Städte regional vielfach zwar richtig verortet, die genaue Zuteilung jedoch fehlerhaft. Insgesamt gibt es also in einem Großteil der Item-Kategorien Defizite hinsichtlich des topographischen Grundwissens, da die SuS das im Rahmen der Studie von Hemmer et al. (2008) festgelegte Wissen nur in unzufriedenstellender Weise beherrschen. Die Eingangshypothese, dass SuS grundsätzlich und vor allem bei der Verortung von physiogeographischen Items Probleme haben, lässt sich nach der Durchführung dieses Studienprojektes bestätigen. Die Ergebnisse verstärken damit die Beobachtungen bisheriger Studien und weisen auf einen erheblichen Förderbedarf des topographischen Wissens hin. Gerade in der Kategorie der Gebirge wurden zum Teil in besonderem Maße unzufriedenstellende Ergebnisse erzielt, da einige Items nicht ein einziges Mal korrekt zugeordnet wurden. Aus Sicht der Wissenschaft gibt es dementsprechend die Notwendigkeit, Konzepte zur wirksameren Vermittlung topographischer Grundkenntnisse in der Schule zu entwickeln, die in der unterrichtlichen Praxis umsetzbar sind. 6. Reflexion Insgesamt zeigte die im Rahmen dieses Projektes durchgeführte Untersuchung die erwarteten Ergebnisse und bestätigt die eingangs gestellten Hypothesen zum topographischen Kenntnisstand der SuS am Ende der Einführungsphase. Hinsichtlich des Untersuchungsdesigns gibt es jedoch einige Punkte zu hinterfragen, die während der Durchführung und Auswertung aufgefallen sind. So gilt es mit Blick auf die eher dürftigen, von den SuS erzielten Ergebnisse zu hinterfragen, ob ein Grundkanon topographischer Begriffe, welcher ausschließlich von Geographieexperten und Spitzenvertretern der Gesellschaft erstellt wurde, eine repräsentative Grundlage dafür ist, was ein Bundesbürger in Deutschland über Topographie wissen sollte. Für das Erstellen eines solchen Kanons wäre es aus meiner Sicht sinnvoller, eine Befragung diverserer Bevölkerungsgruppen vorzunehmen, um ein repräsentativeres Meinungsbild zu erhalten. Sicherlich ist die Meinung von Experten und gesellschaftlichen Spitzenvertretern richtungsweisend für solch eine Untersuchung, jedoch erscheint der hier erstellte Kanon gerade in Bezug auf Kategorien wie Gebirge und Flüsse doch recht ambitioniert, da die dort zu verortenden Items umfangreich und teils sehr kleinräumig sind. So ist es aus meiner Sicht zweifelhaft, ob die Kenntnis über Mittelgebirgszüge, wie der Rhön oder dem Spessart sowie Flüsse wie etwa der Neiße wirklich als allgemeingültig relevantes topographisches Wissen eingestuft werden sollten oder ob die Anzahl der Items dort etwas reduziert werden könnte. Kritisch hinterfragen, sollte man ebenfalls, ob man im Rahmen eines solchen Leistungstestes den Grundkanon aus topo-


11 graphischen Begriffen wie in diesem Projekt geschehen, sortiert in einzelnen Kategorien mit austeilt und somit die Bearbeitung grundsätzlich erleichtert. Gerade in Kategorien mit verhältnismäßig wenig zu verortenden Items ist es nicht auszuschließen, dass die SuS bei der Zuordnung per Ausschlussprinzip vorgegangen sind und somit das Ergebnis in Bezug auf die Validität in einigen Fällen verfälscht wurde. Jedoch ist hier daran zu erinnern, dass eine gänzlich freie Zuordnung in einem Probedurchlauf der elften Jahrgangstufe zu sehr schlechten Ergebnissen geführt hat, weshalb sich nach Rücksprache mit der zuständigen Lehrkraft dafür entschieden wurde, bei der untersuchten Stichprobe auf eine gänzlich freie Benennung zu verzichten. Nach Durchführung des Studienprojektes ist ebenfalls kritisch anzumerken, dass die vorhergesehene Bearbeitungszeit von 30 Minuten recht knapp bemessen war, da ein nicht unerheblicher Teil der SuS am Ende der Bearbeitungszeit noch nicht fertig mit der Bearbeitung gewesen ist. Darüber hinaus konnte durch dieses Projekt nicht die gewünschte Kenntnis über eine mögliche Korrelation zwischen der Zeit, die die SuS in Deutschland leben und dem topographischen Wissen der Probanden erhoben werden, da alle SuS die entsprechende Angabe äquivalent zu ihrem Alter angegeben haben. An dieser Stelle besteht sicherlich noch Forschungsbedarf, da die Thematik aufgrund vergangener und aktueller Flüchtlingswellen sehr aktuell und in Bezug auf die unterrichtliche Praxis relevant ist, da dadurch Defizite und die Notwendigkeit differenzierter Förderbedarfe sichtbar gemacht werden könnten. Außerdem muss angemerkt werden, dass die Stichprobengröße von 37 Proband*innen nicht allzu groß ist und dadurch die externe Validität eingeschränkt ist. Was hingegen erfolgreich erhoben werden konnte, ist die Tatsache, dass es keine signifikanten geschlechterspezifischen Unterschiede hinsichtlich der topographischen Kenntnisse innerhalb der Stichprobe gab und die erzielte Leistung zum Teil mit der Art der Kurswahl in der Oberstufe korreliert. Insgesamt gilt es, die topographischen Grundkenntnisse im Erdkunde-Unterricht aufgrund der ausgemachten Defizite zu fördern, da topographische Grundkenntnisse eine wesentliche Grundlage für die Ausbildung einer räumlichen Orientierungskompetenz darstellen. Hierfür gilt es seitens des Kernehrplans klare und vor allem realistische Vorgaben zu machen, was zu topographischen Grundkenntnissen gehört und was nicht, damit sich Schulcurricula und Lehrkräfte daran orientieren können. Mit Blick auf meine persönliche unterrichtpraktische Zukunft ziehe ich den Schluss, dass topographisches Orientierungswissen am Ende der Einführungsphase sehr heterogen verteilt ist und es teils erhebliche Differenzen zwischen der Leistung der SuS gibt. Dies gilt es bei der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen. Die Heterogenität ist dabei sowohl bei potenziellen Leistungskurs-Wählern als auch in allen anderen Untersuchungsgruppen festzustellen. In der unterrichtlichen Praxis erfordert diese Tatsache eine verstärkte Vermittlung topographischen Wissens, um eine Grundlage für das Erlangen einer Räumlichen Orientierungskompetenz zu bilden. Dies kann unter anderem durch das bewusste Einüben von topographischem Grundlagenwissen oder das verstärkte Lokalisieren von im Unterricht verwendeten Raumbeispielen geschehen. Ein Leistungstest wie dieser bietet sich daher an, um den Status Quo eines Kurses zu identifizieren und Defizite ausfindig zu machen. Des Weiteren wird es ein Ziel sein, in meiner beruflichen Zukunft ein klar definiertes Mindestmaß an topographischen Wissen in den internen Schulcurricula festzulegen, an dem sich Lehrpersonen bei der Vermittlung orientieren können. Dies kann dazu beitragen, die große Heterogenität im Leistungsniveau etwas einzudämmen.


12 Literaturverzeichnis Bortz, J.; Döring, N. (2016): Forschungsmethoden und Evaluation. In den Sozial- und Humanwissenschaften. 5. Aufl. Berlin. Online verfügbar unter: http://nbnresolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht1624548. Böhn, D., Herrmann, A., Krönert, A., Müller C. U. P. Müller (1995): Deutschland: Einhundert topographische Begriffe. In: Geographie heute 16, H. 131, S. 49-53. Erasmus, H. (2015): Topographische Kenntnisse und Fähigkeiten im Geographieunterricht der Waldorfschule : eine Untersuchung auf der Grundlage zweier empirischer Erhebungen. Gießen. 2015. Dissertation. Herfter, C.; Brock, M. (2013): Der Fragebogen. In: Drinck, B. (Hrsg.): Forschen in der Schule. Ein Lehrbuch für (angehende) Lehrerinnen und Lehrer. Opladen, S. 272f. Herfter, C.; Rahtjen, S. (2013): Wie können Schule und Unterricht erforscht werden? In: Drinck, B. (Hrsg.): Forschen in der Schule. Ein Lehrbuch für (angehende) Lehrerinnen und Lehrer. Opladen, S. 95-122. Hemmer, I., Hemmer, M., Obermaier, G., Uphues, R. (2008): ,,Kalkutta liegt am Ganges, Paris liegt an der Seine ..." Welches Topographische Orientierungswissen benötigt ein Bundesbürger aus der Perspektive der Gesellschaft und der Geographieexperten? In: GuiD, Jg. 36, Heft 2. Hussy, W.; Schreier, M.; Echterhoff, G. (2013): Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften für Bachelor. 2. Aufl. 2013. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag. Online verfügbar unter http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-1554162. Hüttermann, A. (Hg.) (2012): Räumliche Orientierung. Räumliche Orientierung, Karten und Geoinformation im Unterricht. Braunschweig. Lamkemeyer, T. (2013): Topographische Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern am Ende der Sekundarstufe I: Eine empirische Untersuchung in Bayern, Thüringen und NordrheinWestfalen. Waltrop. Moosbrugger, H.; Kelava, A. (2012): Testtheorie und Fragebogenkonstruktion. 2. Aufl., Berlin, Heidelberg, S. 64-66. Poscheschnik, G. (2010): Empirisch forschen. Die Planung und Umsetzung von Projekten im Studium. Konstanz. Online verfügbar unter: http://www.socialnet.de/rezensionen/isbn.php?isbn=978-3-8252- 3357-0. Rinschede, G. (2007): Geographiedidaktik. Paderborn.


13 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Gesamtheit aller korrekt zugeordneten Items nach Geschlecht. Abb. 2: Gesamtheit der korrekt zugeordneten Items in einzelnen Kategorien. Abb. 3: Ergebnisse nach Wahl der Neigungspräferenzen (Kurswahl) in der Oberstufe.


14 Anhang Abbildung 3: Ergebnisse nach Wahl der Neigungspräferenzen (Kurswahl) in der Oberstufe 59,62 48,6 52,22 0 10 20 30 40 50 60 70 Anteil der korekten Items (%) Ergebnisse nach Wahl der Neigungspräferenzen Leistungskurs (15) Grundkurs (18) Kein Erdkunde (4)


15 Erhebungsinstrument Topographisches Orientierungswissen Fragen vorab: 1. Bitte geben Sie Ihr Geschlecht an. weiblich männlich 2. Wie alt sind Sie? Ich bin _____ Jahre alt. 3. Ich lebe seit _____ Jahren in Deutschland. 4. Ich habe Erdkunde in der Oberstufe weiter als Unterrichtsfach gewählt. ja nein ; falls ja als Leistungskurs Aufgabe: Verorten Sie in Einzelarbeit in der beiliegenden Deutschlandkarte die folgenden topographischen Elemente. (Bearbeitungszeit: 30 Minuten) Städte Duisburg, Essen, Dortmund, Köln, Düsseldorf, Bonn, Wiesbaden, Frankfurt am Main, Mainz, Saarbrücken, Stuttgart, Freiburg, München, Nürnberg, Erfurt, Leipzig, Dresden, Berlin, Potsdam, Magdeburg, Hannover, Bremen, Hamburg, Schwerin, Rostock, Kiel Flüsse Oder, Elbe, Inn, Donau, Main, Weser, Mosel, Rhein, Ems, Saale, Neiße, Neckar, Meere/Seen Nordsee, Ostsee, Bodensee Inseln/Inselgruppen Nordfriesische Inseln, Ostfriesische Inseln, Rügen, Usedom, Gebirge Teutoburger Wald, Harz, Sauerland, Rothaargebirge, Westerwald, Rhön, Thüringer Wald, Fichtelgebirge, Erzgebirge, Fränkische Alb, Bayrischer Wald, Spessart, Schwäbische Alb, Schwarzwald, Hunsrück, Taunus, Eifel, Alpen Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen


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17 Eidesstattliche Erklärung des Studierenden Plagiatserklärung der / des Studierenden Hiermit versichere ich, dass die vorliegende Arbeit über topographisches Orientierungswissen von Schüler-/innen hinsichtlich Deutschlands am Ende der Einführungsphase selbstständig verfasst worden ist, dass keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt worden sind und dass die Stellen der Arbeit, die anderen Werken – auch elektronischen Medien – dem Wortlaut oder Sinn nach entnommenen wurden, auf jeden Fall unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht worden sind. (Datum, Unterschrift) Ich erkläre mich mit einem Abgleich der Arbeit mit anderen Texten zwecks Auffindung von Übereinstimmungen sowie mit einer zu diesem Zweck vorzunehmenden Speicherung der Arbeit in eine Datenbank einverstanden. (Datum, Unterschrift)


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