Zuadraht is! Fotografiert von Franz Krestan Flipbook PDF

Fotografische Reise zu den Stammtischen zwischen Waidhofen, Raabs, Drosendorf, Horn und Retz

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1 Franz Krestan Zuadraht is! Eine fotografische Reise zu den Stammtischen zwischen Waidhofen, Drosendorf, Horn und Retz.


2 Zuadraht is! Herausgeber Franz Krestan © Franz Krestan 2095 Drosendorf Badstraße 3/5 www.krestan.at Ausgabe 1/2022


3 Schnapsen ist kein Kinderspiel! Schnapsen ist ein Kartenspiel der Bézique-Familie, ähnlich dem Sechsundsechzig, für zwei Personen. Eine Variante für drei Spieler wird Dreierschnapsen, für vier Spieler Bauernschnapsen genannt. Das Spiel ist vor allem in Bayern und in den ehemaligen Ländern der k. u. k. Monarchie, aber auch im heutigen Polen weit verbreitet. So steht es auf Wikipedia. Viele denken, das Spiel wäre einfach, jeder, der bis 66 zählen kann, könne Schnapsen. So ist es bei Weitem nicht. Andere wieder sagen, um das Schnapsen zu beherrschen, benötige man 100 Jahre Spielerfahrung. Der Dungler Leo konnte da knapp mithalten, er ist im Jahre 2021 mit unglaublichen 106 Jahren verstorben und war Stammgast beim Kirchenwirt in Waidhofen (Seite 6). Ungeachtet seiner nahezu 100-jährigen Erfahrung brachte er immer wieder einige Bummerl mit nach Hause. Also kann diese These auch nicht ganz stimmen. Der Haslauer Karl zum Beispiel schnapst seit mehr als 70 Jahren (Seite 7) und macht noch oft genug den einen oder anderen Fehler. Er erklärt auch gerne, warum er den Fehler gemacht hat. Früher, so sagt er, habe er sich alle Karten gemerkt. Heute vergisst er mitunter, dass der Bub oder der Zehner bereits gefallen ist, auf den er gewartet hat. Ist aber nicht so tragisch. Erstens vergessen seine Mitspieler ebenso oft den einen oder anderen Stich und zweites vertraut er auf Gott und auf einen 40er. Er wird auch 40er Karl genannt, obwohl er statistisch gesehen nicht mehr 40er ansagt als die Rauscher Maria, der Theurer Karl oder sein Bruder Hans. Aber der Karl spielt den 40er mit einer besonderen Fröhlichkeit, er amüsiert sich, wenn seine Mitspieler ob seines Spielglücks die Köpfe schütteln. Es soll schon vorgekommen sein, dass er seinen 40er nicht ansagen musste, weil er schon vorher genug hatte. „Genug“ hat man mit 66. Leider kommt es oftmals vor, dass man nur 65 zusammenbringt, obwohl man drei Mal nachzählt. Ein Jammer! Schnapsen ist nichts für Glückskinder. Auf Dauer gesehen, gewinnen immer die routinierten Spieler. Aber was ist, wenn nur routinierte Spieler am Tisch sitzen? Dann gewinnt eben das routinierte Glückskind – und das ist wiederum der 40er Karl. Überliefert ist auch das Jeritzhaber-Spiel, benannt nach dem Jeritzhaber Fritz (Seite 22/23 in der Bildmitte), der leider auch schon für immer „zuadraht“ hat. Wenn ihm das Blatt nicht besonders gut erschien, hat er das Atout Ass ausgespielt. Der Partner musste mindestens einen Buben zugeben, so hatte er einmal 13. Dann hoffte er, einen Zwanziger zu heben – und er zählte 33. Mit 33 ist man draußen und kann maximal einen Einser verlieren. Der ist meist verkraftbar. Der Juricka Hermann pflegt diese Art zu spielen recht erfolgreich. Früher hat man ja gerne ein „Haserl“ mitspielen lassen, dem man dann einige Bummerln „auffeg’haut“ hat und ihm entweder sein „Gerstl“ oder den einen oder anderen Liter abgenommen hat. Das ist grundsätzlich vorbei. Gespielt wird das Bummerl meist um einen Euro. Am Ende des Tages hat man dann vielleicht einen oder gar zwei Euro gewonnen


4 oder verloren. Gezecht wird ja auch nicht mehr. Die „alten Herren“ sind schon seit Längerem auf Wasser, Apfelsaft und dergleichen umgestiegen. Dafür kocht die Pölzer Monika in Eibenstein jeden Montag am Abend für ihre Schnapser auf. Nur mehr die Alten erinnern sich, dass man in der Winterzeit oft stundenlang im Wirtshaus saß und um einen Liter nach dem anderen schnapste. Man spielte auch um eine Saure Wurst oder eine Runde Schnitzeln. Am Ende dann um Manner-Schnitten, damit man auch den Kindern etwas nach Hause mitbringen konnte. Grundsätzlich werden die Kartenrunden in den Wirtsstuben weniger. Das ist schlecht für die Kiebitze. Sie können ihren Kren nicht mehr bei jedem Stich dazugeben, auch der Nachwuchs hat wenig Chancen Erfahrung zu sammeln. Hierarchien werden streng eingehalten. Jeder Spieler hat seinen fixen Sitzplatz, da kann keiner kommen und sich dazusetzen. Jede Kartenrunde hat ihre eigenen Gebräuche. Die „Hardegger-Partie“ zum Beispiel spielt jeden Mittwoch abwechselnd in einem der drei Wirtshäuser der Gemeinde. Dort kommt das Spielgeld in einen Topf, der einmal im Jahr geleert wird, um ihre Damen auszuführen. Im Schweizerhaus war man schon beim Stelzenessen, man hat im Geraser Schüttkasten getafelt oder auch in Gerhard’s Wiazhaus in Japons geschmaust. Alle Heurigen im Retzer Land sind ihnen bekannt. Jedes Jahr ein neues Ziel. Dafür dürfen sie jeden Mittwoch ihrem Laster verfallen. Im Horner Poststüberl greift auch der Wirt gerne zu den Karten. Bereitwillig zeigt er seine Abhebetricks. Sein Partner verfügt dann meist über das bessere Blatt und „draht zua“. Der Story hat nichts zum Zugeben und gewinnt so das Spiel. Das ist der Trick vom Poststüberl-Wirten. Dort spielt man auch noch gerne um ein Seidel oder ein Achterl. Ab und zu wird im Poststüberl ein Preisschnapsen auf die Beine gestellt, welches der 40er Karl auch schon einmal gewonnen hat. In den 70er und 80er Jahren wurde von den diversen Vereinen gerne das sogenannte Gesellschafts-Schnapsen organisiert, um die Vereinskasse aufzufetten. Dafür gab es von der Druckerei Buschek in Waidhofen schon Vordrucke. Man musste nur mehr Ort und Zeit eintragen lassen. Der Hauptpreis war oftmals ein halbes Schwein. Auch konnte man Kühlschränke, Sparbücher, Geschenkkörbe und dergleichen gewinnen. Derzeit ist das „Zankerl-Schnapsen“ sehr beliebt, oft von den Feuerwehren veranstaltet. Man erwirbt eine Karte um etwa fünf bis sechs Euro und sucht sich einen Gegner. Der Gewinner bekommt dann ein Zankerl, das ist ein Stück Selchfleisch, meist von einem örtlichen Bauer zubereitet. Ein Paradies für Kartenspieler jeder Art war einmal das Gasthaus „Zur alten Post“ in Langau. Der Lenz Walter, ein profunder Kartenspieler und Wirt, ist seit einigen Jahren in Pension. Geschnapst wurde jeden Tag. Ob am Vormittag, am Nachmittag oder am Abend – eine Schnapserrunde war immer zugegen meist mit dem Schöbinger Robert oder dem Resel Hasi, nach den Kassastunden auch mit dem Kaufmann Günther. Man fand immer einen willigen Mitspieler. Um in Übung zu bleiben, mischt der Lenz Walter für seine engsten Freunde jetzt noch jeden Freitag und Samstag vormittags die Karten. Dort traf man sich auch jeden Donnerstag zum Tarock. Legendär waren die Partien mit dem Gemeindearzt, dem Keiml Fred, dem Resel Wolf und dem Dietrich Hans, für die Sperrstund ein Fremdwort war. Ein Rätsel wurde bis


5 heute nicht gelöst: Warum es damals am Ende des Spielabends nur Verlierer gab. Jetzt gibt‘s am Donnerstag wieder eine Tarockrunde, allerdings nur mehr in der kalten Jahreszeit. Beim Raffetseder in Raabs trifft sich die Schnapserrunde jeweils am Montag am späteren Nachmittag. Dort kanns heftig zugehen, wenn einer so abhebt, dass der andere „a Oasch-Koartn“ kriegt. Der Wirt selbst „kiebitzt“ gerne, doch wird sein fachkundiger Rat gewöhnlich nicht angenommen. In den Raabser Wirtshäusern hat es ja immer mehrere Kartenrunden gegeben, der Strohmer Heinrich hat stets dafür gesorgt, dass die Karten nicht kalt werden. Das ist mittlerweile auch schon Geschichte. Bauernschnapsen tut man zu viert. Da kann man nicht „zuadrahn“, aber genug hat man ebenfalls mit 66. Schnapser, Gangl, Bettler und Bauernschnapser werden angesagt und der Spielpartner oft lautstark gerügt, wenn er sich „verschmeißt“. In den Waldviertler Stuben in Geras treffen sich mehrere Partien jeden Mittwoch nachmittags. Das Bummerl kostet einen Euro, wenn die Kassa voll ist, wird ordentlich gezecht. Beim Buchinger in Harmannsdorf wird jeden Freitag schon ab 9 Uhr zu den Karten gegriffen. Der Senioren-bund organisiert das. Ein Bummerl kostet ebenfalls einen Euro, den der Gewinner zu Hause abliefern muss. Manche bleiben zum Mittagstisch, was kein Fehler ist, den beim Buchinger isst man besonders gut. Die Schnapserinnen und Schnapser halten in Rodingersdorf das Haller-Wirtshaus am Leben – und umgekehrt ebenfalls. Dort trifft man sich täglich, außer natürlich an den Ruhetagen, um ein paar Bummerl zu kassieren. Die Chefin selbst ist sehr gefürchtet, sie kennt kein Erbarmen. Selbst die besten Stammgäste werden nicht geschont. Wer in Pulkau beim Jaga-Wirt kiebitzen möchte, der muss früh aufstehen. Die dortige Kartenpartie, vom alten Wirten angeführt, beginnt täglich (außer Samstag und Sonntag) bereits um 7 Uhr früh. Nach einer guten Stunde sind drei, vier Bummerln gespielt, der Kaffee getrunken und der Arbeitstag kann beginnen. Im Feuerwehrhaus Schaditz ist jeden Dienstag Spieltag. Das ist ein Treffpunkt für den gesamten Grenzraum.Ludinger, Rabesreither, Großauer, Nonndorfer und auch Drosendorfer bringen die Karten zum erglühen. Gespielt wird um kein Haus und auch um keinen Hof. Es ist zu fürchten, dass wiederum eine lange Tradition zu Ende geht. Der Gasthof Schneider in der Drosendorfer Altstadt war ein Hotspot für Schnapser und Preferanzer. Seit es den Seniorchef nicht mehr gibt, fehlen auch die Spieler. Die sonntägliche Preferanzpartie muss oft nach einem dritten Mann Ausschau halten. „Zuadrat is“, hört man in den Wirtsstuben nun seltener. Teils Corona, teils den zunehmend verwaisten Stammtischen geschuldet. Die verbliebenen Schnapserinnen und Schnapser tröstete Horst Chmela Jahrzehnte lang mit „Ana hat imma das Bummerl“ – denn einer wird sicher verlieren – doch die gemeinsamen Stunden unter Kartenfreunden sind trotzdem für alle ein Gewinn.


6 Beim Kirchenwirt Jöch in Waidhofen 2020


7 Im Gasthof Schneider in Drosendorf-Altstadt 2020


8 Im Gasthaus Strohmer in Raabs 2015


9 In Gerhard´s Wiazhaus in Japons 2013


10 Im Gasthaus Lenz in Langau 2011


11 Beim Jaga-Wirt in Pulkau 2022


12 Im Gasthaus Lenz in Langau 2020


13 Im Gasthaus Pölzer in Eibenstein 2020


14 Im „Müchhaus“ in Autendorf 2017


15 In der Bude in Großau 2019


16 Im Gasthaus Schillinger in Nödersdorf 2012


17 Beim Theurer Karl in Nonndorf 2014


18 Im Gasthaus Raffetseder in Raabs 2021


19 Beim Zankerlschnapsen in Elsern 2015


20 Im Gasthaus Raffetseder in Raabs 2021


21 Nächste Seite: Im Gasthof Prock in Heinrichsreith 2009 Im Gasthaus Raffetseder in Raabs 2021


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24 Im Gasthof Buchinger in Harmannsdorf 2022


25 Beim Jaga-Wirt in Pulkau 2022


26 Im Café Blei in Langau 2019


27 Im Gasthof Raffetseder in Raabs 2021


28 Im Gasthaus Kleinrath in Oberretzbach 2019


29 Im „Gasthaus zum Thayatal“ in Waschbach 2012


30 Im Schloss-Gasthaus in Retz 2021


31 Im Poststüberl in Horn 2017


32 Im Gasthaus Lenz in Langau 2012


33 In Gerhard´s Wiazhaus in Japons 2013


34 Im Gasthaus Jeschko in Brand 2022


35 Im Gasthaus Schillinger in Nödersdorf 2016


36 Im „Gasthaus zum Thayatal“ in Waschbach 2020


37 Im Café Blei in Langau 2019


38 Im Gasthaus Dakon in Thuma 2015


39 Im Gasthaus Lenz in Langau 2013 Nächste Seite: In der Schlosstaverne in Drosendorf 2017


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42 Im Gasthaus Faltl in Groß-Siegharts 2014


43 Im Café Maurer in Drosendorf 2016


44 Im „Gasthaus zum weißen Rössel“ in Weitersfeld 2013


45 Im Feuerwehrhaus Schaditz 2022 Nächste Seite: Im „Gasthaus zum Thayatal“ in Waschbach 2017


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48 Im Gasthaus Faltl in Groß-Siegharts 2015


49 Im Cafe 67er in Horn 2013


50 Im Gasthof Pölzer in Eibenstein 2020


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